Moin zusammen,
habe mich extra angemeldet um hier zu antworten. Ich schreibe nicht oft im Internet, daher mag es mein erster und letzter Beitrag sein. Der wird dafür aber länger:)
Ich habe Hohlbein früher sehr gern gelesen. Auch bei den wenigen anderen Fantasy-Lesern meines Umfelds war er durchaus beliebt. Wir haben die Bücher auch untereinander ausgeliehen, denn Taschenbücher gab es anfänglich noch keine von ihm. Die Hardcover aus dem Ueberreuter Verlag, die er zusammen mit seiner Frau schrieb, damit ging es los bei uns, teuer, ja, aber auch hochwertig, mit einem wunderbaren Geruch so frisch aus dem Laden, der heute leider verflogen ist. Das muss so im Alter von 10-18 gewesen sein. Dann hatte ich weniger Zeit zum Lesen, das Angebot hatte sich deutlich vergrößert, und obwohl Hohlbein auch für Erwachsene schreibt, verlor ich ihn überwiegend aus den Augen.
Diese Bücher stehen bis heute in meinem Regal: Midgard, Drachenfeuer, Elfentanz, Die Bedrohung, Die Prophezeiung, KatzenWinter (es lebe die Zombiekatze Cindy
), Märchenmond, Das Druidentor, und die gesamte Hexer Reihe.
Gelesen hab ich noch ein paar mehr, "Das Siegel" blieb im Gedächtnis, "Der Greif", "Unterland", ach ja, von meiner Frau kamen noch "Thron der Libelle" und "Töchter des Drachen" hinzu.
Märchenmond, und vielleicht noch Midgard, würde ich in der Erinnerung eher als durchschnittlich gut bewerten. Von den anderen Büchern war ich begeistert, habe sie 2-3 mal gelesen.
Nun möchte ich noch zu einigen Punkten der doch eher negativen Kritik Stellung nehmen. Ich kann das überwiegend nachvollziehen, wie einige hier zu ihrer Meinung kamen, denke aber, dass man für eine Beurteilung schon etwas genauer hinsehen muss.
Da wäre zunächst die Zielgruppe. Speziell die Bücher mit seiner Frau richten sich an eher jüngere Jugendliche, während Das Druidentor und Der Hexer von Salem dann vielleicht für die mittlere Jugend oder auch junge Erwachsene gedacht sind. Lesen kann man das alles sicher in jedem Alter, muss dann aber einfach Abstriche machen, in der Tiefe, beim Anspruch..Letztlich ist das eben Fantasy, die gut unterhalten soll, und ist die Zielgruppe gerade der Grundschule entronnen, wird das dem erwachsenen Leser besonders im Vergleich mit anderen Werken mal mehr mal weniger auffallen, wäre ja auch schlimm wenn nicht.
Und natürlich ähnelt sich das dann alles irgendwie. Ein junger Held kommt in eine Fantasywelt und besteht dort Abenteuer. Die Feinheiten liegen dann darin, dass er vielleicht nicht erst in diese Welt kommt, sondern schon immer drin war, oder dass der Hintergrund hier der keltischen, da der ägyptischen Mythologie entlehnt wurde, mit Elfen, ohne Elfen usw.
Für uns war das damals genau das, was wir gesucht hatten, und ähnliche Autoren waren kaum vorhanden. Wenn ich da an Herr der Ringe denke, gähn, das war mir zu altbacken geschrieben. Ein paar ältere Conan-Bücher, die aber mehr mit Brutalität statt Magie glänzten (was mich zwar nicht störte..), und die heißgeliebten Prydain Chroniken von Lloyd Alexander, die leider viel zu kurz waren. Sonst hatten wir damals alle nur Hohlbein:) Und ich meine das änderte sich erst so langsam Mitte der Neunziger, in meinem Fall mit Tad Williams` Osten Ard Chroniken.
Hohlbein benennt das übrigens ganz offen als Teil seines Erfolgs, dass er glücklicherweise 10 Jahre nahezu allein am Markt war.
Allgemein ist es ja im Fantasy-Bereich schwierig, noch etwas wirklich Neues zu schreiben. Das geht WH ganz klar auch so. Ich lese aktuell nur noch Abercrombie, den Klingen-Zyklus. Ich hoffe auf ein gutes Ende irgendwann, und dann brauche ich aus dem Bereich auch kein neues Material, es gibt noch mehr im Leben.
Manch einer mag aber süchtig sein, Leser wie Schreiber. Und ich glaube WH zählt zu denen, er kann nicht anders, als sich die Nächte um die Ohren zu hauen. Am Geld wird es kaum liegen, da dürfte genug da sein. Ich halte ihn eher für das schreibende Gegenstück einer "Quasselstrippe", was ich gar nicht böse meine. Wie bestimmte Leute schneller und mehr reden als andere, so schreibt er eben mehr und schneller als andere. Und dabei verzettelt man sich auch mal, macht Logikfehler, die einem in dem Tempo noch weniger auffallen, oder vergisst sogar, dass man zwanzig Bücher vorher einen anderen Helden auf ganz ähnliche Weise den Abhang hinunterschickte. Aber es ist halt Fantasy. Solange es im Rahmen bleibt halte ich das für verzeihlich, sogar wenn nicht immer im Detail korrekt recherchiert wurde. Recherchiert wurde aber, zumindest bei den mir bekannten Büchern, durchaus, sonst hätte er die mythologisch-religiösen Hintergründe nicht auf diese oft geschickte Art einarbeiten können.
Das er ganze Absätze von sich selbst recycelt haben soll, halte ich jedenfalls für unwahrscheinlich. Ob das überhaupt ernst gemeint war, oder absichtlich überspitzt formuliert? Wenn man mal logisch überlegt, müsste er dafür entweder sein gesamtes Werk hervorragend im Kopf haben, oder viel Zeit auf die Suche passender Passagen verwenden, die dann für das aktuelle Buch auch noch angepasst hätten werden müssen. Da kann er sie doch auch gleich neu schreiben.
Zu den Rechtschreibfehlern...liegt das nicht mehr in der Verantwortung der Korrekturleser, oder auch des jeweiligen Verlags, als beim Autor? Ich bin nicht sicher. Bei Ueberreuter war m.E. alles in Ordnung. Bei den späteren Taschenbüchern gab es dann häufiger mal Fehler.
Zum Vorwurf bezüglich der Ghostwriter...Sollte das zutreffen wäre ich tatsächlich arg enttäuscht. Es mag legal sein, für mich wäre es dennoch Betrug am Leser. Derartiges kennt man ja von Leuten, die mal eben die schnelle Mark machen wollen, insbesondere Stars, Personen des öffentlichen Lebens. Der Mann aber ist seit Jahrzehnten am Markt, und soll gleich ein ganzes Team beschäftigen? Das muss doch auch alles vertraglich abgesichert sein, mit dem Verlag abgestimmt usw. Zig Leute wären beteiligt. Da wären doch längst Details zu durchgesickert? Von daher für mich schwer vorstellbar. Ich habe außerhalb dieses Threads hier auch noch nie davon gehört, auch wenn ich zugeben muss, dazu nicht recherchiert zu haben.
Was mich persönlich an WH wirklich etwas störte ist die relative Unabgeschlossenheit mancher, zum Glück nicht aller Bücher. Er hat eine trockene Art, plötzliche, einschneidende Wendungen rüberzubringen, die ich eigentlich sehr schätze. Die Enden sind aber oft ähnlich trocken und kurz gehalten. Gerade in jungen Jahren ist das dann schmerzlich, sich so plötzlich aus der liebgewonnenen Welt verabschieden zu müssen, möchte man doch wissen, dass es zumindest den Überlebenden der Geschichte gut geht, und was sie nun vorhaben.
Bei "Das Siegel", welches ich nicht selber habe, blieb der letzte Satz noch halbwegs hängen: "Kurz darauf verließen sie Jerusalem für immer". So oder so ähnlich. Das war`s, bye Leute. Keinen blassen Schimmer hatte ich, wie wohl ihre Zukunft hätte aussehen können. Und für mich war das damals echt schwer zu verdauen. So stolperte ich auch über diesen Thread hier. Wie alle paar Jahre wollte ich "nur mal schauen", ob WH nicht doch eine für mich interessante Fortsetzung seiner früheren Werke geschrieben hat. Dem war leider nicht so.
Teilweise gibt es ja sogar Bücher, die nicht mal nur kurz gehalten sind am Ende, sondern tatsächlich nicht fertig sind. Gutes Beispiel dafür ist der "Hexer von Salem", verschlungen hab ich das. Nach dem als letzten Band aufgemachten Buch, "Der Sohn des Hexers", war ich wieder etwas enttäuscht, konnte mit dem Ende aber halbwegs leben. Viele Jahre später kam dann doch noch ein kurzer Band heraus, "Das Labyrinth von London". Toll, dachte ich, jetzt werden die letzten Fragen geklärt. Stattdessen sorgte das Buch einfach dafür, dass alles mehr oder weniger wieder von vorne losging, und endete vollkommen offen. Das hat mich so geärgert, dass ich das Buch weggeworfen habe, und bis heute so tue, als wäre nach "Der Sohn des Hexers" Schluss gewesen. Da auch hierzu keine weitere Fortsetzung erschien, war es für mich die richtige Entscheidung.
Da merkt man dann eben leider, dass WH es einfach nicht lassen kann, noch was und noch was anzufangen, und mit alten Sachen nicht immer fertig wird.
Dazu muss ich unbedingt noch die "Chronik der Unsterblichen" ansprechen. Wie gesagt lese ich ihn heute nicht mehr, meine Frau und ich folgen der Reihe aber seit vielen Jahren als Hörbuch, und haben es nie bereut, auch wenn problematischerweise mittlerweile Jahre zwischen den Fortsetzungen liegen. Die Reihe hat vielleicht 2-3 Bände, die ich nicht als konsequente Steigerung betrachten würde. Davon ab wird sie immer besser und besser, und ließ uns oft genug nicht einschlafen beim Hören. Definitiv ein Werk für Erwachsene! Und ich kann nur hoffen, dass sie ein würdiges Ende erleben wird!
Ich wünsche WH ein noch langes Leben und Schaffen, aber jünger werden wir alle nicht. Da fällt mir schmerzlich Harald Evers (RIP) ein, mit seiner Höhlenwelt Saga, die nie vollendet wurde, und auch beim Lied von Eis und Feuer habe ich langsam meine Zweifel, ob das Ende je geschrieben wird.
So, nun ist es fast geschafft. Ein letztes Wort noch zu WH als Mensch, da ihm hier und da die Sympathie angezweifelt wurde. Ich kenne ihn überhaupt nicht, habe nur mal ausschnittsweise ein paar Lesungen gehört. Nun ist der Mann aber ein Autor, und als solcher ein echter Nerd, ein liebenswerter Sonderling, und kein Entertainer. Wenn so ein Autor auf einer Büchermesse oder sonst wo das Rampenlicht eher skeptisch betrachtet, vielleicht ein wenig verschroben vor sich hinmurmelt und dann wieder weg ist, finde ich das doch viel passender, als wenn er auf Strahlemann machen würde. Vielleicht ist er auch einfach nur bescheiden.
Mir soll`s egal sein, meine Kindheit und Jugend hat er ganz klar bereichert, und dafür sage ich Danke, Wolfgang Hohlbein:)
Euch ein schönes Wochenende!
PS: Ich denke ich werde doch mal wieder anfangen "Drachenfeuer" zu lesen, mein fortgeschrittenes Alter von 44 Jahren wird durch den Nostalgie-Faktor ausgeglichen^^