1) Die beiden bleiben noch 12 Stunden am Ort des Geschehens eingesperrt. Das liegt daran, dass nicht überall auf dem Schiff künstliche Schwerkraft besteht (nämlich nur in den Ring-Sektionen). Bisherige reale Versuche der Zeugung in Schwerelosigkeit (haben die Russen wohl mal probiert, Quelle Harald Lesch) sind schiefgegangen (freies Zitat von Lesch "weil nichts da hin gelangt, wo es hin soll"). Daher lässt die Kommandantin den beiden keine Gelegenheit, sich in eine schwerelose Sektion des Schiffes zurückzuziehen und dort abzuwarten, bis alle Spermien tot sind.
2) Sobald sich die Tür öffnet, rennt (bzw. "schwebt")
die Protagonistin zurück zu ihrem Quartier, wobei sie ihren Partner hinter sich lässt.
Sie kommt kurz vor ihm dort an und sperrt ihn aus, weil sie sagt, sie könne mit ihm nicht mehr länger in einem Raum sein. (Ob das sich jetzt nur auf die gerade vergangenen 12 Stunden bezieht, wo sie gemeinsam eingesperrt waren, oder generell fortan gilt, ist offen.)
3) Auf seine Frage hin, wo er denn jetzt übernachten solle, schickt sie ihn fort zu der Ärztin - die Teil des Love Triangles ist. - Twist: Die Protagonistin selbst hat diese Ärztin, die eine ihrer beiden engsten Freundinnen ist, in die Beziehung mit hineingeholt und es dadurch zumindest vorübergehend zu seiner
polyamourösen Beziehung gemacht.
- Warum? Weil im Zuge des zentralen Plottwists, bei dem ein beträchtlicher Teil der Crew gestorben ist, natürlich
hauptsächlich Männer ihr Leben gelassen haben - sodass nun trotz des anfänglichen Männer-Überschusses die
Frauen in der Mehrzahl sind.
- Gleichzeitig besteht der Zwang, die Crew wieder auf ihre alte Größe zu bringen. Obwohl nun also nicht mehr jede einen eigenen Partner haben kann, sind trotzdem alle verpflichtet, eine bestimmte Anzahl Kinder zu haben. Bei den meisten kommt hier natürlich künstliche Befruchtung zum Einsatz.
- Für die Ärztin allerdings hieße das - sie kann das ja bei anderen machen, aber schwieriger bei sich selbst - sich von einem deutlich älteren männlichen Kollegen "befummeln" zu lassen. Was, wenn es letztendlich unter Zwang erfolgt, auch nicht groß anders wäre als sexuelle Gewalt.
- Um ihrer Freundin das zu ersparen, hat die Protagonistin ihr ihren Partner "ausgeliehen", ist dabei jedoch selbst mit im Raum geblieben bzw. hat sogar nachher mitgemacht. Da alle drei ja aus den Naturwissenschaften stammen (Prota: Pharmazeutin, ihr Partner: Biologe, plus eben die Ärztin), haben sie versucht, auch dieses Problem möglichst rational zu lösen. Konkret zeigt sich das in der
wiederholt getätigten Äußerung der Protagonistin, sie wisse, wie Oxytocin funktioniere.
4) Jetzt hat die Ärztin natürlich noch eine interessante eigene Perspektive auf den Übergriff: Sie selbst muss sich schließlich auch manchmal über das Einverständnis bestimmter Patienten hinwegsetzen, um deren Leben zu retten. Klar, üblicherweise nicht bei Erwachsenen - wenn die eine Behandlung ablehnen, muss sie das respektieren (wobei die jüngsten Verpflichtungen, eine bestimmte Anzahl Kinder zu haben, auch das natürlich bereits zu unterwandern begonnen haben). Bei Kindern hingegen ist jede Impfung, jedes Fieber-Zäpfchen und anderes, was das Kind nicht will, ein Beispiel für das Ignorieren von verweigertem Einverständnis und eine Verletzung des Rechts auf körperliche Selbstbestimmung - um das Überleben des Kindes zu sichern. Es wird in dem Fall zwar einfach hingenommen, dass die Eltern im Namen ihres Kindes das Einverständnis geben können - das macht es für das Kind aber in der Situation nicht angenehmer.
5) Anfangs reagiert die Ärztin ähnlich verurteilend wie die Protagonistin - was aber auch davon abhängig sein kann, wie der Partner der Protagonistin ihr das erzählt. Da er sich selbst auf jeden Fall schuldig fühlt, liegt es nahe, dass er ihr es so schildert, dass er für die Ärztin dann ebenfalls als Täter dasteht. Er ist niemand, der hier "nach Komplimenten fischen" und es ihr so erzählen würde, dass sie ihm das genaue Gegenteil von dem sagt, was er selbst gesagt hat (also das, was er hören möchte). Aber die Waffe, die die Kommandantin seiner Freundin an den Kopf gehalten hat, erwähnt er natürlich.
- Der erste Instinkt der Ärztin ist es natürlich sowieso, erst einmal die Protagonistin medizinisch zu versorgen, sodass sie gerade keine Zeit hat, sich weiter über das ethische Dilemma Gedanken zu machen.
- Sobald dann jedoch ein wenig Ruhe einkehrt und sie Zeit und Gelegenheit hat, sich ihre eigenen Gedanken dazu zu machen, wird ihr die Ähnlichkeit zu ihrem eigenen Beruf bewusst (auch der hippokratische Eid enthält ja sowohl Zeilen, die sich auf das Leben-Retten beziehen, selbst gegen den Wunsch des Patienten, als auch Zeilen, die "Vermeidung von Leid" als oberste Maxime ansetzen - diese beiden Dinge können aber im Widerspruch stehen, was ja gerade die Krux der Prämissen meiner Geschichten ist).
- Dadurch entwickelt die Ärztin schneller Empathie mit dem Freund der Protagonistin als die Protagonistin selbst. Was ihr natürlich auch leichter fällt, schließlich war sie selbst nicht direkt betroffen
6) So, und jetzt kann das Ganze natürlich mit dem Love Triangle zusammenkommen: - Wenn die Protagonistin ihren Partner weiterhin von sich stößt, obwohl der gerade genauso ihre emotionale Unterstützung bräuchte wie sie die seine, hat die Ärztin eine moralische Rechtfertigung, ihn zu "übernehmen", indem sie stattdessen ihrerseits ihm diese Unterstützung zuteilwerden lässt. Jetzt kann das vorher bemühte Oxytocin also gegen die Protagonistin arbeiten:
- Lässt sie die Ärztin oft genug eine Schulter zum Anlehnen für ihren Partner sein - ganz davon abgesehen, dass die Ärztin ja sowieso bereits ein Kind von ihm erwartet, wie jetzt allerdings auch die Protagonistin selbst - dann muss sie damit rechnen, dass ihr Partner ihr davonläuft. Nicht, weil er das will, sondern weil sie selbst ihn aktiv davonjagt.
- Hier bemerkt die Protagonistin selbst eine Parallele zu einer anderen Beziehung an Bord: Die Schwester ihres Partners hat das intime Leben mit ihrem Ehemann direkt seit dem Beginn ihrer zweiten Schwangerschaft komplett eingestellt - woraufhin der Ehemann sich im Zuge des aktuellen "Männermangels" an Bord eine jüngere Partnerin gesucht hat, ohne dafür jedoch seine Familie zu verlassen.
Der innere Konflikt der Protagonistin ist seit Beginn, dass sie das Kinderkriegen vor allem deshalb aufgeschoben hat, weil sie Sorge hat, dann nur noch "Mutter" zu sein und ihren Partner komplett zu vernachlässigen.
- Dementsprechend hat sie ihrer Schwägerin damals vorgehalten, sie brauche sich nicht wundern, dass ihr Ehemann sich ein junges Ding sucht, wenn sie selbst die Nähe zu ihm herunterfährt.
Jetzt also, wo die Protagonistin dabei ist, ihren eigenen Partner von sich zu stoßen - wenn auch aus eher nachvollziehbaren Gründen - muss sie sich fragen, wer hier eigentlich gerade im Begriff ist, ihre Beziehung kaputt zu machen: Ihr Partner, oder sie selbst?
--> Hier ist die Frage, wer wen zur Einsicht bringt: Die Protagonistin könnte natürlich auf all das selbst kommen, wenn man ihr nur genug Zeit gibt. Dann kommt sie schlauer weg, als wenn sie für sich selbst erst einmal in ihrem mentalen Zustand "feststeckt". Gleichzeitig würde ich aber den Charakter der Ärztin "demontieren", wenn es so wirkt, als würde sie die Krise ausnutzen, um den Partner der Protagonistin an sich selbst zu binden (Grund genug hätte sie dafür). Hier wäre es also schmeichelhafter, die Ärztin die Protagonistin zur Rede stellen zu lassen. Dann könnte die Ärztin der Protagonistin klar machen: "Ich will, das eure Beziehung funktioniert, und habe keinen Wunsch, mich dort "hineinzudrängen"; aber wenn du deinen Partner von dir wegstößt, während er dich am meisten braucht, werde ich nicht zögern, deinen Platz einzunehmen."
7) Protagonistin und ihr Partner sprechen sich aus. Er eröffnet das Gespräch mit der provokanten Frage, ob er sie lieber hätte sterben lassen sollen. Das ist aber durchaus ernst gemeint. Denn er hatte ja nur die unmögliche Wahl zwischen "nein" und "nein". Ihr ist das unterbewusst auch schon ein wenig klarer geworden, aber durch diese "plumpe" Frage wird es offensichtlich: Hätte er ihr das Leid des Übergriffs lieber ersparen sollen, selbst wenn das ihren Tod zur Folge gehabt hätte?
Sie kommt zu dem Schluss: "Du hattest kein Recht, diese Entscheidung zu treffen - aber du hast trotzdem die richtige Wahl getroffen."Ihr eigener Teil der Verantwortung wird ihr auch klar: Selbst, wenn sie selbst lieber gestorben wäre, als sich von ihm gegen ihren Willen und vor den Augen der Kommandantin und ihrer Lakaien schwängern zu lassen: Dann hätte sie ihm das mitteilen müssen. Zeit genug für die vier Worte "Lass sie mich töten" hätte sie gehabt. Aber natürlich hat sie das nicht gesagt, denn sterben wollte sie ja genausowenig.
Sie ringt ihm allerdings das Versprechen ab: Sollten sie jemals in eine Situation kommen, wo sie ihn explizit darum bittet, sie gehen zu lassen, um ihr das Leid zu ersparen - dann werde er ihren Wunsch respektieren. So wie er auch überall sonst ihr Einverständnis respektiert, sofern ihm denn ihre Wünsche bekannt sind. Das war eben in dieser Situation nicht der Fall, weil sie weder das eine noch das andere wollte.
Dieses Versprechen "wenn du gehen (=sterben) willst, lasse ich dich" wird dann später noch an mehreren Stellen relevant. Keine Sorge: Die Protagonistin nutzt diese Option nie.

Aber es gibt noch mehrere andere Situationen, wo sie mit der Versuchung, "alles hinzuschmeißen" konfrontiert werden.
Das dreht sich hauptsächlich um ein Plot Element bzw. Teil des Worldbuildings, das ich die "
Exit Pill" genannt habe: Die älteren Generationen an Bord des Generationenraumschiffs, deren Kinder bereits erwachsen sind, treten irgendwann freiwillig ab, damit die naturgemäß knappen Ressourcen den jüngeren Generationen zur Verfügung stehen.
Die "Exit Pill" stellt eine
schmerzlose Methode da; sie ist
freiwillig, niemand unter 60 kann sie überhaupt bekommen, auch niemand, der noch Kinder unter 18 hat.
Diese Pille ist aber zentraler Bestandteil der Strategie, die Kommandantin zum Aufgeben zu zwingen - nicht etwa, indem man sie selbst mit der Pille bedroht, sondern dadurch, dass genug Besatzungsmitglieder (insbesondere Frauen) mit dem Thomas Jefferson-Prinzip drohen
"I will die a free (hu)man before I live like a slave".