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    Sexuelle Gewalt

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    Sexuelle Gewalt - Seite 3 Empty Re: Sexuelle Gewalt

    Beitrag von PBard Do 22 Feb 2018 - 7:58

    Strato Incendus schrieb:Burnout und Depression sind NICHT das Gleiche.
    Das hat Viskey ja auch nicht behauptet, sondern nur, daß mit beiden in der Gesellschaft ähnlich umgegangen wird.

    Ich würde das "NICHT" auch nicht so stark betonen, denn Burnout und Depression sind zwar nicht das Gleiche, aber Burnout ist eine Unterart der Depression. Nicht jede Depression ist ein Burnout, aber jedes Burnout ist eine Depression.

    Strato Incendus schrieb:Die Symptome sind sehr ähnlich, der Hauptunterschied ist jedoch, dass Depression ein im DSM-V und in der ICD-10 (Krankheits-Klassifikationssysteme, wobei der DSM nur für psychische Störungen ist) festgehalten ist und Burnout nicht. Deshalb wird Burnout momentan als "Modediagnose" angesehen.

    Tatsächlich verschwinden viele der Effekte von Burnout, wenn man beim Betrachten der Korrelationen für das Vorhandensein einer Depression kontrolliert. Es könnte also durchaus sein, dass da dasselbe Phänomen dahinter liegt. In dem Fall sollten dann jedoch einfach nicht mehr zwei Begriffe verwendet werden, sondern man würde dann jemandem mit einem "Burnout" einfach ein Frühstadium oder eine geringere Ausprägung einer depressiven Episode diagnostizieren.
    Das zeigt gerade wunderbar das Problem auf, denn wer ein Burnout als "Frühstadium oder eine geringe Ausprägung einer depressiven Episode" ansieht, der hat offenbar keinen Einblick darin, was ein Burnout tatsächlich ist. Selbst in den früheren Stadien hat ein Burnout bereits die Symptome einer ausgewachsenen chronischen Depression, und in den späteren Stadien werden diese sogar morbid. Wenn jemand das Bett nicht mehr verlassen kann (nicht will - KANN), weil die Psyche einfach mal den On-Off-Schalter umlegt, und das selbst dann nicht, wenn der Körper schon am verhungern ist, dann ist das keine "geringe Ausprägung".

    Strato Incendus schrieb:Umgekehrt sollte uns aber auch bewusst sein, dass Depressionen, ähnlich wie MS und andere Autoimmunerkrankungen, offenbar vor allem Zivilisationskrankheiten sind und es lauter Menschen gibt, die unter objektiv schlechteren Lebensbedingungen leben und trotzdem weniger psychische Probleme haben. Und im Vergleich zu denen können wir als Gesellschaft uns wirklich auch mal gerne "anstellen" und aus einer Mücke einen Elefanten machen Wink .
    Da sprich du nur mal aus Sicht eines gesunden Menschen. Wink

    Auch die "Zivilisationskrankheit" ist etwas, das dank den Medien gerne mal abgetan wird, und das Ergebnis sieht man in diesem Absatz ganz gut. Zivilisationskrankheit hat nichts damit zu tun, daß man aus einer Mücke einen Elefanten macht oder zimperlich ist. Es geht darum, daß wir die natürlichen Rahmenbedingungen so weit verzerrt haben, daß Körper und Geist des Menschen nicht mehr damit klarkommen, weil sie nicht für diese Rahmenbedingungen ausgelegt sind.

    Weißt du, warum ein armer Bauer, der 14h harte Arbeit am Feld durchstehen muß, kein Burnout bekommt? Weil er unter harten, aber natürlichen Bedingungen arbeitet - "Rackern, um zu überleben".

    Ein Burnout hingegen kommt nicht von der harten Arbeit an sich, sondern von der Aussichtslosigkeit, daß du trotz 70 Wochenstunden Dauerbelastung nicht "gut genug" bist, um die vollkommen illusorischen Anforderungen zu stemmen. Der Mensch kommt nicht gut damit klar, vor unmögliche Aufgaben gestellt zu werden, und wenn du damit über Jahre hinweg tagtäglich konfrontiert wirst, und du dank der körperlichen Belastung einer 70-Stunden-Woche ohnehin schon körperlich und geistig am Ende bist - dann hat das nichts, aber auch gar nichts mit "zimperlich" zu tun.

    Strato Incendus schrieb:Eine Freundin von der Uni etwa, mit langer depressiver Vorgeschichte, sagte mir einmal, das Beste wären für sie oft diejenigen Menschen gewesen, die ihr einfach immer mal wieder einen nett gemeinten A*schtritt gegeben hätten Smile .
    Du bist dir aber darüber im Klaren, daß Depression nicht gleich Depression ist?

    Antriebslosigkeit ist nicht nur eine Folge, sondern kann auch einer der möglichen auslösenden Faktoren sein - in dem Fall ist ein Arschtritt sicherlich förderlich, vor allem wenn das Resultat dann ein positives Erlebnis ist (was bei einem nett gemeinten Arschtritt hoffentlich der Fall ist).

    Bei den meisten Formen der Depression hingegen wirst du damit nur erreichen, daß derjenige noch tiefer reinfällt. Und einem Burnout-Patienten einen Arschtritt zu verpassen ist in etwa dasselbe, als würdest du einem Alkoholiker eine Flasche Wodka in die Hand drücken.

    Und da sind wir dann wieder beim Verharmlosen, denn "der braucht nur mal einen Arschtritt" ist etwas, das in den Medien bei Depressionen ja gerne mal "verordnet" wird, und was im realen Leben dann verheerende Folgen haben kann.


    Danke übrigens an ... ich glaub Viskey? ... für den Vergleich mit Burnout, das macht es nämlich nochmal eine Ecke leichter, sich in ein Opfer von sexueller Gewalt hineinzuversetzen, das den wunderbar lapidaren Darstellungen in den Medien ausgesetzt wird.

    Ich weiß mittlerweile auch, wie es sich anfühlt, wenn jemand im fröhlichen Plauderton erzählt, er habe eine Woche lang ein Burnout gehabt, aber er sei "stark genug" gewesen, sich da selbst wieder rauszuziehen. Ist ein wunderbares Gefühl, wenn du selbst zwei Jahre deines Lebens verloren hast (und das nebenbei nicht, weil man "schwach" war, sondern weil man jahrelang verbissen daran gearbeitet hat, das Unmögliche zu schaffen) und den Rest deines Lebens in psychologischer Behandlung sein wirst.

    Ein Burnout begleitet dich nämlich ebenso den Rest deines Lebens wie Alkoholismus. Nur mit dem großen Unterschied, daß du niemals "trocken" werden kannst, da du dich bewußt jede Woche mindestens 40h lang dem Auslöser aussetzen mußt. Und in einer Gesellschaft, wo überzogene Anforderungen an die Mitarbeiter inzwischen der Normalzustand sind, reden wir nicht von einem metaphorischen Bierchen, sondern wieder von der täglichen Wodka-Flasche.


    Von daher regt mich auch bei sexueller Gewalt auf, wie gerne da in Filmen und Büchern mal dargestellt wird, daß das Opfer "darüber hinweg" kommt und dann auf ewig Friede, Freude, Eierkuchen herrscht. Ich weiß in meinem Bekanntenkreis nur von einem Surviver, und der mag zwar inzwischen dank Therapie wieder ein normales Leben führen, aber wird dennoch den Rest seines Lebens von bestimmten Bildern oder Schilderungen getriggert werden. Ich kann nicht sagen, ob das bei sexueller Gewalt immer so ist, aber mindestes in diesem einen Fall ist das Trauma nichts, das nach Verarbeitung einfach "weggeht", wie es uns so schön von den Medien eingetrichtert wird.

    Strato Incendus schrieb:Das müsste ja sogar dann noch erlaubt sein, wenn es um offene Propaganda ginge. Sagen wir mal, jemand will linksextreme Meinungsmache betreiben und irgendeinen Konzernchef als den kapitalistischen Obera**** hinstellen. Dann muss der Konzernchef-Charakter ja zumindest einmal dazu kommen, seine Positionen, hinter denen der Autor dann überhaupt nicht steht, kundzutun - damit der Leser es als gerechtfertigt empfinden, wenn er nachher von der Handlung abgestraft wird (und das, so wird dann suggeriert, aufgrund seiner Weltanschauung).

    Oder, um zurück zum Thema zu finden: Der Exploitation- oder Rape-and-Revenge-Film kann seine Wirkung nicht erzielen, wenn nicht zuerst das Verbrechen dargestellt wird. Und zwar exakt so grausam, wie es tatsächlich ist.

    Wenn da bspw. die Vergewaltigung offstage geschieht und die blutige Rache detailliert gezeigt wird, würde man ggf. sogar den gegenteiligen Effekt erzielen, nämlich dass der Zuschauer / Leser mit den Tätern nachher mehr Mitleid haben könnte als mit dem ursprünglichen Opfer.
    Aber in den beschriebenen Fällen machst du als Autor klar, daß die Meinung des Täters scheiße ist. Vermutlich nicht mit der Holzhammermethode, aber doch zumindest deutlich genug, daß der Leser am Ende nicht die Meinung des Täters teilt (auch wenn das nicht immer funktioniert - siehe zB die Gekko-Fanboys, die den Film Wall Street als Lobpreisung auf Gier und Macht-um-jeden-Preis verstehen).

    Problematisch wird es halt, wenn (sexuelle) Gewalt aus der Sicht des Täters dargestellt wird, man ungefiltert dessen Sichtweise zu sehen/lesen bekommt, der Autor dann aber weder als Stimme aus dem Off, noch über die anderen Charaktere zu verstehen gibt, daß das falsch ist. Oder einfach nur seeeeeeehr spät und seeeeeeeeehr lasch.

    Der angesprochene Terry Goodkind zB ist da schon sehr hart an der Grenze, weil die Beschreibungen sehr ausführlich und eben aus der Sicht des Täters dargestellt werden, sich die Gegendarstellung aber auf "der ist halt böse" beschränkt. Das ist doch ziemlich unverhältnismäßig, und geht meiner Meinung nach über bloßen schlechten Geschmack hinaus. Da sind wir doch auch schon mit einen halben Fuß im Strafgesetzbuch, nicht wegen der Szenen selbst, sondern weil (ob nun bewußt oder unbewußt) die Straftat nie wirklich als etwas Negatives dargestellt wird.

    Daß sowas natürlich nicht verantwortlich dafür ist, wenn dann jemand nach Lektüre des Buches meint, er will jetzt unbedingt jemanden schänden, ist klar. Auch das ist eine absurde Fehldarstellung der Medien, die genauso unsinnig und schädlich ist wie die Gewaltverherrlichung an sich.

    ABER solche Dinge tragen eben zu einer Desensibilisierung bei, weshalb ich "in der Literatur ist alles erlaubt" auch absolut nicht zustimmen kann.
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    Beitrag von Strato Incendus Do 22 Feb 2018 - 9:20

    Ich warte gerade in diesem Moment auf eine Infusion wegen einer Autoimmunerkrankung, also weiß ich durchaus, dass man nicht alle Zivilisationskrankheiten durch persönliche Lebensumstellung lösen kann Wink .

    In Bezug auf Burnout habe ich ja bewusst von einer geringeren Ausprägung ODER einem Frühstadium gesprochen, da die Diagnose Burnout der Diagnose Depression wie gesagt oft zeitlich vorausgeht. Dass die Symptome ähnlich sind, da sind wir uns ja einig, sonst würde wie bereits erwähnt nicht die Varianzaufklärung von Burnout gegen 0 gehen, wenn man für Depression kontrolliert.

    Gerade deshalb finde ich ja, dass man Leuten keinen Gefallen tut, wenn man sie mit einer Diagnose abspeist, die weder im DSM noch in der ICD steht, anstatt einfach gleich festzustellen, dass derjenige die Symptome einer Depression hat Wink . Wenn zwei Sachen effektiv dasselbe sind, brauche ich auch keine zwei unterschiedlichen Begriffe dafür. Sonst ist doch kein Wunder, dass der Laie da nicht durchblickt und willkürlich dazwischen zu unterscheiden versucht. Selbst in meinem Umfeld (=Psychologiestudenten) wird die Diagnose Depression deshalb ernster genommen als Burnout.

    Inwiefern Leute sich selbst aus so etwas wieder rausziehen können, ist schwierig zu beurteilen, weil die Dunkelziffer für psychische Störungen ja ohnehin hoch ist, da viele sich nicht trauen, sich Hilfe zu suchen. Einige von denen gehen dann ein, andere finden vielleicht wieder raus. Auch da gibt es nicht den einen typischen Weg, wie sich ein Patient verhält. Dass es einzelnen Leuten möglich ist, ist jedoch schwer auszuschließen. Demnach würde ich der Denke widersprechen, dass etwas nur dann eine psychische Störung ist, wenn man sie nicht alleine bewältigen kann.

    Sonst gäbe es ja auch das Klischee nicht, dass Psychologen sich in Wahrheit nur selbst therapieren wollen. Smile

    Tatsächlich wird man mit einer psychischen Vorerkrankung normalerweise in Deutschland gar nicht zur Therapeutenausbildung zugelassen. Das heißt jedoch nicht, dass die betroffenen Psychologen nicht trotzdem versuchen, die Erkenntnisse ihres Studiums auf sich selbst anzuwenden.


    In Bezug auf Goodkind: Ich denke, die Logik funktioniert hier anders herum: Dadurch, dass er all seine Bösewichte zu Sexualstraftätern macht, vermittelt er via Show don't tell, freilich auf relativ plumpe Weise, dass sie böse sind. Und da er so viele Bücher schreibt, dauert es oftmals eine Zeit, bis ein gegebener Bösewicht (z.B. Jagang) für seine Taten seine Abreibung bekommt. Aber er bekommt sie immer Wink , die Frage ist nur, wann.

    Wenn einen so etwas triggert, steht es einem ja frei, das Buch wegzulegen oder "in die Tonne zu kloppen", wie hier bereits angeregt wurde. Deshalb muss ich dem Autor nicht die Darstellung an sich verbieten. Wenn genug Leute von seinen Werken angeekelt sind und sie deshalb nicht mehr kaufen, ist das ein Fall wo ich mal guten Gewissens behaupten würde, der freie Markt regelt das dann selbst Smile .

    Goodkind etwa hat eher eine eingeschworene Fanschar, die ihm aus der Hand fressen. Wenn irgendeiner von denen konkret Absichten zeigt, etwas von dem gezeigten in die Tat umzusetzen, muss man intervenieren - aber das gilt wohl für so ziemlich jeden, der nicht mehr zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden kann. Ansonsten sind die Gedanken frei, und das sollten sie auch bleiben Wink .


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    Beitrag von PBard Fr 23 Feb 2018 - 7:39

    Strato Incendus schrieb:Ich warte gerade in diesem Moment auf eine Infusion wegen einer Autoimmunerkrankung, also weiß ich durchaus, dass man nicht alle Zivilisationskrankheiten durch persönliche Lebensumstellung lösen kann Wink .
    Ehrlich gesagt, gerade für einen selbst Betroffenen finde ich es dann sehr vermessen, die "Zivilisationskrankheiten" anderer mit "aus einer Mücke einen Elefanten machen" abzutun. Willst du hören, du sollst dich nicht so anstellen und den Mist mit der Infusion sein lassen, weil es den hungernden Kindern in Afrika viel schlechter geht als dir?

    Nein? Dann bring bitte denselben Respekt auch jemandem mit MS und Depressionen entgegen, denn wer mit einem der beiden diagnostiziert wird, der ist nicht einfach nur wehleidig, sondern tatsächlich krank.

    (Warum es bei uns, denen es durchschnittlich körperlich wesentlich besser geht als anderen, mehr psychische Leiden gibt, hab ich nebenbei oben schon beschrieben.)

    Strato Incendus schrieb:[ ... jede Menge Halb- und Unwissen über Burnout ... ]
    Nochmal: Das ist kein Frühstadium, sondern eine Form der Depression. Wenn du ein Burnout hast, dann hast du eine ausgewachsene, in den späteren Stadien schwere oder morbide Depression - keine beginnende, und ganz sicher keine geringe Episode.

    Die Symptome sind auch nicht "ähnlich" - alle Burnout Symptome sind Teil einer möglichen Ausprägung von Depressionen.

    Und "Burnout" und "Depression" sind auch nicht zwei Begriffe für dieselbe Sache, sondern Burnout ist eine lose Kategorie für bestimmte Symptome und Auslöser der Krankheit - eben weil Depressionen so unterschiedlich sein können und du mit einer Gleichsetzung aller Depressionen verheerenden Schaden anrichten würdest.

    Aus eben diesem Grund wirst du das Wort auch nie in einem Befund finden, weil nähere Spezifikationen und Krankheitsverläufe ausführlich und sehr individuell weiter hinten beschrieben werden. Die Diagnose selbst ist dann zB "Chronische Depression mit akuten suizidalen Episoden" und sagt erst einmal nichts darüber aus, welche Form der Depression jemand hat.

    Entsprechend macht auch dein "mit einer Diagnose abspeisen" keinen Sinn. Das tut abgesehen von Pro7 und Co nämlich niemand. Und genau das ist ja der Kritikpunkt - da wird fröhlich mit einem Wort um sich geworfen, jeder Hinz und Kunz ist plötzlich Experte dafür, und letztendlich weiß niemand, was da wirklich dahintersteckt. Und ich bin jetzt mal so frei, dir diesen Schuh auch anzuziehen, denn deine Aussagen bisher zeigen deutlich, daß du keinerlei Wissen über die Krankheit hast und ebenso nur weiterverbreitest, was du mal hier und mal da aufgeschnappt hast.

    Genau so läuft es auch mit dem modernen Wunderheilmittel für ansonsten zu überperfekte Charaktere ab, dem PTSD. Da hat das mal jemand in seine Geschichte eingebaut (vielleicht sogar auf realistische Art und Weise), und die unzähligen Nachmacher nutzen diese "einzig valide Schwäche für einen wirklich harten Mann", ohne sich je näher mit der Thematik zu befassen. Endresultat ist, daß Otto Normalbürger PTSD für eine Reihe von Alpträumen hält, die man wahlweise mit ein bißchen Zuwendung oder mit dem Abschlachten von 200 Gangstern wieder loswird.

    Strato Incendus schrieb:Selbst in meinem Umfeld (=Psychologiestudenten) wird die Diagnose Depression deshalb ernster genommen als Burnout.
    Ein Psychologiestudent, der ein Burnout verglichen mit anderen Depressionen nicht ernst nimmt, nur weil er in den Medien so viel Stuß darüber gehört hat, der hat meiner Meinung nach den Studienzweig verfehlt. Klingt hart, aber wenn ich dran denke, daß so jemand später entweder als Therapeut auf Patienten losgelassen wird oder als Theoretiker Werke über die Hintergründe von Krankheiten verfaßt, dann wird mir übel.

    Wobei ich jetzt so vermessen bin zu bezweifeln, daß "dein Umfeld" das tatsächlich so gesagt hat, zumal ein Psychologiestudent vermutlich wüßte, daß auch bei einem Burnout die Diagnose auf Depression lautet, wenn wir nicht gerade von einem Erstsemestler reden.

    Strato Incendus schrieb:Inwiefern Leute sich selbst aus so etwas wieder rausziehen können, ist schwierig zu beurteilen, weil die Dunkelziffer für psychische Störungen ja ohnehin hoch ist, da viele sich nicht trauen, sich Hilfe zu suchen. Einige von denen gehen dann ein, andere finden vielleicht wieder raus. Auch da gibt es nicht den einen typischen Weg, wie sich ein Patient verhält. Dass es einzelnen Leuten möglich ist, ist jedoch schwer auszuschließen. Demnach würde ich der Denke widersprechen, dass etwas nur dann eine psychische Störung ist, wenn man sie nicht alleine bewältigen kann.
    Wie schon im letzten Post unterstellst du auch hier wieder eine Aussage, die niemand getätigt hat.

    Ich vermute mal, das bezog sich auf meine Aussage mit dem Vollkoffer, der sich aus seinem "Ein-Wochen-Burnout" selbst "herausgezogen" hat. Dort steht in keinster Weise, daß das Selbst-Herausziehen in irgendeiner Form ein Kriterium für eine psychische Erkrankung ist. Zumal ich nicht sicher bin, wie du auf die Idee kommst, von einer Sub-Ausprägung einer spezifischen Erkrankung auf alle psychische Störungen schließen zu können.

    Beim Burnout selbst halte ich eine Selbsttherapie aber wirklich für schwierig bis unmöglich. Das Problem ist, daß "sich zusammenreißen" und "die Zähne zusammenbeißen" beim Burnout keine Lösung sind, sondern das Problem selbst darstellen. Du reißt dich so lange zusammen und vernachlässigst deine seelischen, geistigen und körperlichen Bedürfnisse, bis deine Psyche irgendwann panisch die Reißleine zieht.

    Strato Incendus schrieb:Wenn einen so etwas triggert, steht es einem ja frei, das Buch wegzulegen oder "in die Tonne zu kloppen", wie hier bereits angeregt wurde. Deshalb muss ich dem Autor nicht die Darstellung an sich verbieten. Wenn genug Leute von seinen Werken angeekelt sind und sie deshalb nicht mehr kaufen, ist das ein Fall wo ich mal guten Gewissens behaupten würde, der freie Markt regelt das dann selbst Smile .

    Goodkind etwa hat eher eine eingeschworene Fanschar, die ihm aus der Hand fressen. Wenn irgendeiner von denen konkret Absichten zeigt, etwas von dem gezeigten in die Tat umzusetzen, muss man intervenieren - aber das gilt wohl für so ziemlich jeden, der nicht mehr zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden kann. Ansonsten sind die Gedanken frei, und das sollten sie auch bleiben Wink .
    Ich komm mir langsam vor, wie eine kaputte Schallplatte, aber auch hier: Bitte lies ordentlich, was deine Gesprächspartner schreiben, statt ihnen ständig Aussagen zu unterstellen.

    Gleich im ersten Post (und in einigen danach auch nochmal), steht:
    Alandra Ossenberg schrieb:Vorweg: Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, dass die Darstellung von sexueller Gewalt vorkommt. Dass es z.B. im Rahmen eines Krieges zu Vergewaltigungen kommt, ist schon klar. Dass sie überhaupt in vielen Konstellationen vorkommen kann, weiß ich auch.

    Zwei Seiten lang wurde ja sogar darüber diskutiert, wo man die Grenze zwischen der Darstellung von sexueller Gewalt und der Verherrlichung derselben ziehen möchte, weil diese Grenze nämlich ausschlaggebend ist, ab wann sich ein Autor theoretisch sogar strafbar macht.

    Und in meinem letzten Post (und in einigen der vorherigen) steht sehr, sehr ausdrücklich drinnen, daß es weder um das "Triggern" geht, noch darum, daß ein geistig verwirrter Leser die Szenen im realen Leben nachstellen will. Hier nochmal der Satz dazu, falls man ihn beim ersten Mal ignoriert überlesen hat:
    PBard schrieb:Daß sowas natürlich nicht verantwortlich dafür ist, wenn dann jemand nach Lektüre des Buches meint, er will jetzt unbedingt jemanden schänden, ist klar. Auch das ist eine absurde Fehldarstellung der Medien, die genauso unsinnig und schädlich ist wie die Gewaltverherrlichung an sich.

    Und gleich danach kam dann der Satz, der aufgrund seiner Stellung am Ende des Posts relativ prominent hätte sein sollen:
    PBard schrieb:ABER solche Dinge tragen eben zu einer Desensibilisierung bei, weshalb ich "in der Literatur ist alles erlaubt" auch absolut nicht zustimmen kann.

    Das ist auch, wenn man sich die letzten drei Seiten dieses Threads durchliest, genau der Kritikpunkt, der geäußert wurde. Daß die vermehrte, reflexionslose und zum Teil übelst verharmlosende Darstellung von sexueller Gewalt in den verschiedenen Medien (und da aus irgend einem Grund vor allem im Fantasy Bereich) zu einer Desensibilierung führt. Und zu einer vollkommen falschen Vorstellung, was es wirklich bedeutet, mit solchen psychischen Wunden leben zu müssen.
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    Beitrag von Strato Incendus Fr 23 Feb 2018 - 23:39

    PBard schrieb:Ehrlich gesagt, gerade für einen selbst Betroffenen finde ich es dann sehr vermessen, die "Zivilisationskrankheiten" anderer mit "aus einer Mücke einen Elefanten machen" abzutun. Willst du hören, du sollst dich nicht so anstellen und den Mist mit der Infusion sein lassen, weil es den hungernden Kindern in Afrika viel schlechter geht als dir?

    Das kriege ich durchaus zu hören, und zwar von meiner eigenen Mutter Smile . Die sucht ständig nach Alternativen, wie man das mit Ernährungsumstellung angeblich völlig zu genüge einstellen könnte. Und dazu führt sie dann durchaus andere Ärzte von Rang und Namen an, Reportagen über besagte Ärzte und ihre Patienten, die offenbar problemlos damit leben können.

    Ich sage ihr dann auch, dass meine Ärzte schon wissen, was sie tun, und bei mir keinen Anlass zu solchen Maßnahmen gesehen haben. Trotzdem kann ich den anderen Ärzten deswegen nicht ihre Erfahrung oder die Legitimität ihrer Aussagen absprechen, denn es scheint ja andere Menschen zu geben, denen damit geholfen werden kann.

    Weshalb ich solche Aussagen hier ziemlich gewagt finde:
    PBard schrieb:Ein Psychologiestudent, der ein Burnout verglichen mit anderen Depressionen nicht ernst nimmt, nur weil er in den Medien so viel Stuß darüber gehört hat, der hat meiner Meinung nach den Studienzweig verfehlt. Klingt hart, aber wenn ich dran denke, daß so jemand später entweder als Therapeut auf Patienten losgelassen wird oder als Theoretiker Werke über die Hintergründe von Krankheiten verfaßt, dann wird mir übel.

    Wobei ich jetzt so vermessen bin zu bezweifeln, daß "dein Umfeld" das tatsächlich so gesagt hat, zumal ein Psychologiestudent vermutlich wüßte, daß auch bei einem Burnout die Diagnose auf Depression lautet, wenn wir nicht gerade von einem Erstsemestler reden.

    Wie in jeder Wissenschaft gibt es zu den meisten Themen unterschiedliche Lehrmeinungen. Jemandem also pauschal die Kenntnisse abzusprechen, nur weil er nicht deiner Meinung ist, wäre in etwa so, als würde ich oben genannten "Ernährungsdocs" (die nennen sich tatsächlich so) ihre Ärztetitel absprechen, nur weil die eine andere Ansicht über die Behandelbarkeit meiner Krankheit haben als meine eigenen Ärzte.

    Meine Aussagen zum Thema Burnout bauen primär auf das, was aus unseren Vorlesungsfolien stammt (siehe unten), und nicht etwa auf "Stuss aus den Medien" (wieder Unterstellung deinerseits).

    An unserer Uni etwa wird auch Sigmund Freud sehr stiefkindlich behandelt, hauptsächlich deshalb, weil die methodische Sauberkeit seiner Theorie kritisiert wird (z.B. wegen Zirkelschlüssen, wenn es um das Thema Verdrängung geht). Das ändert aber nichts daran, dass tiefenpsychologische Therapeuten trotzdem vielen Menschen tagtäglich helfen. Und so muss halt jeder das finden, was zu ihm passt: Wer kein Fan von Freuds Philosophie ist, ob nun als Therapeut oder als Patient, der wird eben z.B. Verhaltenstherapeut (bzw. geht zu einem) und nicht Psychoanalytiker.

    Mir würde vielmehr übel werden, wenn alle Therapeuten in spe auf eine einzige solcher Lehrmeinungen "geeicht" würden, bevor es ihnen zustünde, "auf Patienten losgelassen zu werden". Dann könnte man ja gar kein breit gefächertes Angebot mehr erzeugen, um eine möglichst genaue individuelle Passung zwischen Therapeut und Klient zu erreichen.

    Davon abgesehen habe ich gar nicht vor, Therapeut zu werden, sondern bin mehr im Bereich berufliche Rehabilitation unterwegs, aber das nur am Rande Smile . An der Uni überlappen sich die Inhalte, man lernt also auch über klinische Störungsbilder. In der Praxis jedoch interessiert in unserem Bereich dann weniger, ob man das Kind jetzt Burnout oder Depression oder wie auch immer nennt; wichtig ist, was konkret der Rehabilitand noch kann und was nicht. Der kommt meistens schon mit einer Diagnose vom Therapeuten in der Tasche.

    PBard schrieb:Ich würde das "NICHT" auch nicht so stark betonen, denn Burnout und Depression sind zwar nicht das Gleiche, aber Burnout ist eine Unterart der Depression. Nicht jede Depression ist ein Burnout, aber jedes Burnout ist eine Depression.

    Da sagt meine Statistik aus "Belastung und Beanspruchung" etwas anderes. Dort wird unterschieden zwischen "Burnout + psychische Erkrankung (48,8%)", wobei psychische Erkrankung auch Depressionen einschließt; "Burnout + andere Diagnosen (36,1%)"; und "Ausschließlich Burnout (15,1%)". Letzteres hält für eine Krankschreibung nicht lange vor, solange nicht zusätzliche Erkrankungen wie etwa eine Depression hinzukommen. Dort steht auch, chronische Stresszustände können über burnout-Zustände in Depression münden. Das ist es, was ich mit "Vorstufe einer Depression" meinte.

    Nach Maslach und Jackson bzw. Maslach, Schaufeli & Leiter definiert sich Burnout vor allem über:
    1. Erschöpfung (emotional und körperlich)
    2. Depersonalisation / Zynismus im Sinne einer distanzierten oder gleichgültigen Haltung gegenüber Kunden und Kollegen
    3. Subjektiv empfundene reduzierte Leistungsfähigkeit

    Das bedeutet noch nicht, dass derjenige auch dieselben dysfunktionalen automatischen Gedanken hat, die etwa Beck oder Ellis als für eine Depression typisch ansehen würden.

    Also nein, die Aussage "jedes Burnout ist eine Depression" ist schlichtweg falsch. Deswegen sind Psychologen auch so vorsichtig mit Allsätzen, denn die sind sehr leicht zu widerlegen: Dafür braucht man nur einen einzigen Burnout-Fall zu finden, der nicht die Kriterien einer Depression erfüllt. Wink

    Der erste Teil deiner Aussage ist selbstverständlich richtig: Depressionen können auch über andere Wege als über Erschöpfung zustande kommen.

    Aus unseren Folien geht zudem hervor, dass Burnout als weniger stigmatisierend als eine Depression angesehen wird (auch hier können Einzelpersonen wieder gegensätzliche Erfahrungen gemacht haben!). Das kann dazu führen, dass diese Diagnose bereitwilliger vergeben wird als die einer Depression.


    Es bleibt dabei, dass Burnout im DSM-V, dem diagnostischen statistischen Manual für psychische Störungen, nicht vorkommt und derzeit auch nicht vorgesehen ist, ihn dort aufzunehmen.

    In der ICD-10 taucht er lediglich in der Restkategorie Z 73 "Probleme verbunden mit Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung" (und nicht etwa bei den affektiven Störungen im Kapitel F, wo die Depression verortet ist) als "Erschöpfungssyndrom (Burn-out-Syndrom)" auf.

    Wohlgemerkt stellt keine dieser meiner Aussagen infrage, ob die Diagnosen in Bezug auf deine Person gerechtfertigt waren oder nicht. Das hat allein dein Arzt oder Psychologe zu entscheiden. Wink

    PBard schrieb:Wie schon im letzten Post unterstellst du auch hier wieder eine Aussage, die niemand getätigt hat.

    Ich vermute mal, das bezog sich auf meine Aussage mit dem Vollkoffer, der sich aus seinem "Ein-Wochen-Burnout" selbst "herausgezogen" hat. Dort steht in keinster Weise, daß das Selbst-Herausziehen in irgendeiner Form ein Kriterium für eine psychische Erkrankung ist.

    Ich habe deine Aussage so verstanden, dass du daran zweifelst, dass ein Selbst-Herausziehen aus einem "echten" Burnout (wer immer das definiert) möglich ist:

    PBard schrieb:Ich weiß mittlerweile auch, wie es sich anfühlt, wenn jemand im fröhlichen Plauderton erzählt, er habe eine Woche lang ein Burnout gehabt, aber er sei "stark genug" gewesen, sich da selbst wieder rauszuziehen. Ist ein wunderbares Gefühl, wenn du selbst zwei Jahre deines Lebens verloren hast (und das nebenbei nicht, weil man "schwach" war, sondern weil man jahrelang verbissen daran gearbeitet hat, das Unmögliche zu schaffen) und den Rest deines Lebens in psychologischer Behandlung sein wirst.

    Ein Burnout begleitet dich nämlich ebenso den Rest deines Lebens wie Alkoholismus. Nur mit dem großen Unterschied, daß du niemals "trocken" werden kannst, da du dich bewußt jede Woche mindestens 40h lang dem Auslöser aussetzen mußt. Und in einer Gesellschaft, wo überzogene Anforderungen an die Mitarbeiter inzwischen der Normalzustand sind, reden wir nicht von einem metaphorischen Bierchen, sondern wieder von der täglichen Wodka-Flasche.

    Wenn es hier hingegen nur darum ging, die Existenz eines kurzfristigen (einwöchigen) Burnouts anzuzweifeln, sind wir auf einer Linie. Mir ist gerade nicht die genaue Mindestdauer eines Burnouts bekannt, die erfüllt sein muss, damit die Diagnose gemäß ICD-10 Z 73 gestellt wird. Bei affektiven Störungen (die wie gesagt ein separates Kapitel sind Wink ) reden wir von Wochen oder mehreren Monaten bis zu einem halben Jahr.

    PBard schrieb:Beim Burnout selbst halte ich eine Selbsttherapie aber wirklich für schwierig bis unmöglich. Das Problem ist, daß "sich zusammenreißen" und "die Zähne zusammenbeißen" beim Burnout keine Lösung sind, sondern das Problem selbst darstellen. Du reißt dich so lange zusammen und vernachlässigst deine seelischen, geistigen und körperlichen Bedürfnisse, bis deine Psyche irgendwann panisch die Reißleine zieht.

    Das habe ich ja analog über die Depression gesagt: Wenn die äußeren Umstände, die zu der Erkrankung geführt haben, nicht verändert werden, dann bringen alle Antidepressiva und alle Verhaltenstherapie der Welt nichts.
    Im Falle des Burnout-Patienten, der weiter seinen alten Beruf mit den alten Belastungen ausübt, klar, der hat eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall.

    Da kann an vielen Baustellen angesetzt werden: Reduzierung der Arbeitszeit (vorübergehend oder dauerhaft), Umgestaltung des Arbeitsplatzes, Wechsel an einen anderen Arbeitsplatz am selben Unternehmensstandort, im Schlimmstfall kompletter Arbeitsplatzwechsel, berufliche Umschulung oder gar (Teil-)Erwerbsminderungsrente.

    All das sind Baustellen außerhalb der Person, und nicht an ihrer Psyche selbst. Bei solchen Schritten ist sicherlich Hilfe empfehlenswert, sei es durch Therapeuten, Berufsförderungswerke, Integrationsfachdienste... es kann jedoch genauso gut auch Fälle geben, in denen jemand selbsttätig seine Arbeitszeit reduziert, und allein dadurch eine Besserung der Symptome eintritt. Denn da Burnout maßgeblich durch ein Zuviel an arbeitsplatzbezogenen Stressoren entsteht, kann eine Reduzierung dieser bereits einen großen Unterschied machen.

    PBard schrieb:Ich komm mir langsam vor, wie eine kaputte Schallplatte, aber auch hier: Bitte lies ordentlich, was deine Gesprächspartner schreiben, statt ihnen ständig Aussagen zu unterstellen.

    Es wurde die Aussage getan, dass Goodkind sich an den Grenzen zum bzw. teilweise im strafrechtlich relevanten Bereich bewegt.
    Aus den rechtlichen Grundlagen, die Sabine gepostet hat, geht für mich zwar eindeutig hervor, dass die Grenze zur Strafbarkeit da liegen sollte, wo die Darstellung aufhört und wo die Verherrlichung anfängt. Wo jedoch diese Grenze zwischen Darstellung und Verherrlichung ihrerseits wiederum liegt, das ist in der Praxis deutlich schwieriger zu beurteilen Wink .

    Die Amis sind bekanntlich beim Thema Gewalt weniger zimperlich als wir, dafür jedoch beim Thema Sex. Beim Thema sexuelle Gewalt kommt beides zusammen, dennoch dürfte es hier Unterschiede geben, was in Amerika zensiert wird und was hier. Für gewöhnlich jedoch führt so etwas erst einmal zu einer Hochstufung der Altersbeschränkung und nicht gleich zu einer Zensur oder einem Verbot des ganzen Werkes.

    Ich bin auch manchmal überrascht, was selbst hier in Deutschland alles von der Meinungsfreiheit gedeckt zu sein scheint. In letzter Zeit etwa haben sich ja viele AfD-(Papp-)Nasen sprachliche Entgleisungen geleistet, die zu Anzeigen wegen Volksverhetzung geführt haben, doch die sind letzten Endes alle im Sand verlaufen.

    Aber wenn das Gesetz so ist, dann ist es so. Meinungsfreiheit stellt Leuten frei, wie du Alandra zitiert hast, "grundsätzlich gegen die Darstellung von (sexueller) Gewalt" zu sein - und wenn dann durch den Hinweis, Kunst / Literatur / Satire dürfe eben doch nicht alles, angedeutet oder impliziert wird, dass eine Zensur erfolgen sollte, so steht es dann ebenso anderen Leuten frei, sich gegen diese Zensur auszusprechen.

    Wenn damit hingegen nur gemeint ist, dass jeder Autor sich selbsttätig am Riemen reißen sollte, wenn er schreibt, bin ich damit einverstanden. Bedeutet jedoch gleichzeitig auch, dass durch Abwesenheit einer Zensur es stets Autoren geben wird, die so etwas einfach aus Prinzip schreiben. So wie manche Death Metal-Bands eben aus Prinzip über Mord und Totschlag singen. Wer das verlässlich unterbinden will, muss sich dafür in den Bereich der Zensur begeben. Wenn das nicht gewünscht ist, muss man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es diese Art von Autoren / Künstlern immer geben wird.

    Ich bin der Meinung, es gibt sie sogar dann noch, wenn man anfängt, zu zensieren - nur dass man sie dann in den Untergrund verbannt, wo gefährliches Potential noch schwieriger auszumachen ist Wink .

    Was bleibt also übrig als einziger Kompromiss?
    - Gegen die zu frühe Desensibilisierung von Kindern gegenüber Gewalt gibt es aus gutem Grunde Altersbeschränkungen.
    - Alles oberhalb von 18 bezieht sich auf erwachsene Personen, die man in dieser Hinsicht grundsätzlich erst einmal nicht bevormunden sollte. Intervention ist wie gesagt dann geboten, wenn sich strafrechtlich relevante Absichten und Vorhaben bei diesen Menschen abzeichnen.
    - Und wer selbst keine Darstellung von Gewalt lesen / sehen möchte, dem bleibt dann nur noch, das Buch wegzulegen und sich einem anderen zu widmen.

    PBard schrieb:Und zu einer vollkommen falschen Vorstellung, was es wirklich bedeutet, mit solchen psychischen Wunden leben zu müssen.

    Und hier sind wir wieder beim "no true Scotsman"-Fehlschluss, denn was es nach irgendjemandes Definition "wirklich" bedeutet, mit psychischen Wunden leben zu müssen, ist etwas anderes, als was es nach jemand anderes Definition bedeutet.

    Ich kann z.B. auch keine Aussage darüber treffen, wie es "wirklich" ist, mit Morbus Crohn zu leben. Ich kann es beispielhaft illustrieren, ja, aber es gibt so viele unterschiedliche Verläufe wie erkrankte Personen. Einige müssen mit einer Ernährungsumstellung leben - ich muss das nicht. Einige leiden unter so einer Umstellung, andere tun es nicht. Einige erleben heftige Nebenwirkungen durch die Medikation - ich tue das nicht. Einige vertragen keinen Alkohol mehr - ich schon. Einige sind deswegen nie operiert worden - ich  hingegen gleich zweimal, und beim zweiten Mal hat in der Nacht nach der OP mein Rückenmarks-naher Katheter versagt. Das war reichlich unschön. Dafür haben andere Leute einen künstlichen Darmausgang oder ständige Bauchschmerzen trotz Medikation. Und so weiter und so fort.

    Unsere Dozentin für klinische Störungsbilder meinte wie gesagt einmal: "Die Seele ist ein Gummiband und hält oft mehr aus, als wir ihr zutrauen." Aber bei manch einem reißt das Gummiband eben schneller als bei anderen. Das heißt dann nicht, dass die, bei denen es nicht gerissen ist, es objektiv weniger schlimm hatten. Vielleicht hatten die einfach auch eine bessere Bewältigungsstrategie - oder ein Umfeld, dass sie besser aufgefangen hat.

    Wie gut jemand mit einem stressenden Ereignis klarkommt, liegt nämlich nicht nur in der Schwere des Ereignisses begründet, sondern auch in Umgebungsvariablen und den persönlichen Ressourcen, die den Umgang damit erleichtern oder erschweren können. Wink


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    Beitrag von Alandra Ossenberg Sa 24 Feb 2018 - 7:00

    Ich hatte den Thread zum Thema "sexuelle Gewalt" aufgemacht. Dass da psychologische Dinge gestreift werden, ist zwangsläufig. Der Fokus ist aber inzwischen so weit beim Burnout und so weit ab von konkreten Medienbeispielen, dass dafür ein eigener Thread an anderer Stelle womöglich sinnvoller wäre.


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    Beitrag von PBard Sa 24 Feb 2018 - 10:41

    Sorry, Alandra, es war eigentlich nicht der Plan, hier eine großartige Diskussion vom Zaun zu brechen - und ich hatte auch nicht erwartet, daß ausgerechnet in einem Thread über Verharmlosung dann mit eben solchen fröhlich um sich geworfen wird.

    Eigener Thread wird wohl nicht nötig sein. Ich werd mich jetzt nicht fünfmal wiederholen, nur damit am Ende sowieso wieder jeder den Müll über die harmlose Zivilisationskrankheit glaubt.
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    Beitrag von Alandra Ossenberg Sa 24 Feb 2018 - 11:07

    Brauchst dich nicht zu entschuldigen, das passiert in Threads ständig, dass die Leute vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen.


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    Beitrag von PBard Sa 24 Feb 2018 - 11:31

    Oder auch mal den Baum. Sexuelle Gewalt - Seite 3 2085594910

    Ich bin übrigens gestern mit einem Bekannten auf das Thema zu sprechen gekommen, und er meinte, die Desensibilisierung könne man gut daran verfolgen, wie sich die Art von Szene verändert hat, die als "Schocker" wahrgenommen wird.

    In den 80ern und 90ern hat man die Angst eines Opfers ausgedrückt, indem der klischeehaft bärtige, bullige Mann die ebenso klischeehaft zarte, blonde Frau am Handgelenk gepackt und ihr verheißungsvoll gedroht hat, er würde ihr gleich wieder ihren Platz zeigen. Das war schockierend direkt, auch wenn man die Erfüllung dieser Drohung nicht zu sehen bekommen hat, und ja nie wirklich ausgesprochen wurde, wie "dir deinen Platz zeigen" aussieht.

    So eine Szene löst beim heutigen Publikum nur ein müdes Gähnen aus. Heute muß der Akt an sich schon in möglichst detailierter Grausamkeit dargestellt werden, am Besten noch mit diversen Peitschen, Armbrüsten oder Schwertern, um zur sexuellen Gewalt noch ein bißchen rein körperliche drüberzustreuen. Und selbst das ist für die wenigsten inzwischen ein "Schocker", sondern quasi schon ein fixer Bestandteil der Darstellung eines supa-pöhsen Charakters.
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    Beitrag von Alandra Ossenberg Sa 24 Feb 2018 - 11:50

    Das habe ich auch schon so bemerkt. Das Darstellen sadistisch-sexueller Gewalt im Detail hat zugenommen, denke ich. Vielleicht auch ein Grund, warum ich selber über die Jahre empfindlicher geworden bin - weil ich mit dieser Zunehmenden brutalen Explizitheit nicht mitgehen konnte.


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    Beitrag von Gotthelf Sa 24 Feb 2018 - 12:17

    Naja, vielleicht ist es deswegen kein Schocker mehr, weil man um geschockt sein zu können, irgendwie mit den Personen sympathisieren muss. Ist zwar keine sexuelle Gewalt, aber ich kann mich gut erinnern, dass man bei Alien gerne mal ins Schwitzen kommt, obwohl nichts passiert. Und bei Saw sitze ich da, schaue mir den Splatter an und fühle nichts. Liegt wohl kaum daran, dass "nichts passiert" schlimmer ist, als ein Typ, der sich ein Bein absägt. Wohl eher daran, dass man sich mehr mit Ellen Ripley identifizieren kann als mit irgendeinem Schwachmat aus den Splattern. Selbiges gilt vermutlich für 50Shades, wobei das nur reine Spekulation ist, da ich das weder gelesen noch angeschaut habe. Von daher kann mich da jemand gerne belehren Wink


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    Beitrag von Anthalador Sa 24 Feb 2018 - 12:25

    Das ist ein schwieriges Thema. Ich habe auch das Gefühl, dass die Darstellung sexuelle Gewalt in inflationärer Weise im Fantasy-Genre gestiegen ist. Damit meine ich nicht, dass sexuelle Gewalt in einer Geschichte eingebunden wird. Es stört mich vielmehr wie detailreich diese beschrieben wird. Es scheint ja vielen zu gefallen, denn die Bücher verkaufen sich ja gut. Meines Erachtens bedienen hier viele Autoren Gewaltphantasien. Ich persönlich lege solche Bücher weg. So wurde es mir bei der Schwert der Wahrheit-Saga irgendwann zu geschmacklos und die Anfangs interessante Welt und Geschichte litt dann sehr.

    Grüße,
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    Beitrag von Alandra Ossenberg Sa 24 Feb 2018 - 13:01

    @Antha: Damit einhergehend Machtphantasien.
    Und yup, ich reagiere inzwischen ähnlich.

    @Gotthelf: Ich habe mal irgendwo gelesen, man solle gerade in bestimmten Situationen metaphorisch verdichten (z.B. weil ein einzelner verlorener, zerfetzter Stoffteddy am Boden einer Kriegsszene mehr Mitleid evozieren könne als eine ganze explizite Szene - Stichwort "Symphatie"). Ob ich das allgemein unterschreiben würde, kann ich so nicht sagen. Aber dass Kopfkino eine wichtige Rolle spielt, ist unbestritten. Gerade deshalb ist weniger doch oft mehr.


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    Beitrag von Strato Incendus Sa 24 Feb 2018 - 17:44

    PBard schrieb:und ich hatte auch nicht erwartet, daß ausgerechnet in einem Thread über Verharmlosung dann mit eben solchen fröhlich um sich geworfen wird.

    Aber wie Alandra ja korrekt angemerkt hat, ist das hier kein "Thread über Verharmlosung", sondern über sexuelle Gewalt Very Happy . Und die kann man, wie jedes andere Problemfeld auch, sowohl verharmlosen als auch überdramatisieren (etwa, indem man wie in der #MeToo-Debatte modisch geworden, anzügliche Blicke mit Vergewaltigung gleichsetzt und das Ganze dann "stare rape" nennt  cyclops ).

    Ich habe in meinem letzten Post konkrete Zitate aus meinen Psychologie-Vorlesungen angeführt, und nicht etwa irgendeine "Medienlüge". Sofern du nicht also den Professorinnen und Professoren der RWTH Aachen ihre Kenntnisse absprechen möchtest, sehe ich nicht, inwiefern ich hier "Müll" verbreitet haben soll Wink .

    Von "harmlos" habe ich übrigens nie etwas gesagt - da machst du nun das, was du mir zuvor vorgeworfen hast: Du interpretierst deine eigene Wahrnehmung in meine Aussage herein Wink . Ich habe lediglich festgehalten, warum ein Burnout nicht pauschal eine Depression ist, und meine konkreten Kriterien dafür auch genannt und erläutert.

    Das Ende meines Posts beschreibt das dahinterstehende generelle Prinzip, auf das ich hier hinaus möchte, und das ich der Klarheit halber auch gerne nochmal konkret am Beispiel sexueller Gewalt festmachen kann:

    Strato Incendus schrieb:Und hier sind wir wieder beim "no true Scotsman"-Fehlschluss, denn was es nach irgendjemandes Definition "wirklich" bedeutet, mit psychischen Wunden leben zu müssen, ist etwas anderes, als was es nach jemand anderes Definition bedeutet.

    Ich kann z.B. auch keine Aussage darüber treffen, wie es "wirklich" ist, mit Morbus Crohn zu leben. Ich kann es beispielhaft illustrieren, ja, aber es gibt so viele unterschiedliche Verläufe wie erkrankte Personen. Einige müssen mit einer Ernährungsumstellung leben - ich muss das nicht. Einige leiden unter so einer Umstellung, andere tun es nicht. Einige erleben heftige Nebenwirkungen durch die Medikation - ich tue das nicht. Einige vertragen keinen Alkohol mehr - ich schon. Einige sind deswegen nie operiert worden - ich  hingegen gleich zweimal, und beim zweiten Mal hat in der Nacht nach der OP mein Rückenmarks-naher Katheter versagt. Das war reichlich unschön. Dafür haben andere Leute einen künstlichen Darmausgang oder ständige Bauchschmerzen trotz Medikation. Und so weiter und so fort.

    Unsere Dozentin für klinische Störungsbilder meinte wie gesagt einmal: "Die Seele ist ein Gummiband und hält oft mehr aus, als wir ihr zutrauen." Aber bei manch einem reißt das Gummiband eben schneller als bei anderen. Das heißt dann nicht, dass die, bei denen es nicht gerissen ist, es objektiv weniger schlimm hatten. Vielleicht hatten die einfach auch eine bessere Bewältigungsstrategie - oder ein Umfeld, dass sie besser aufgefangen hat.

    Wie gut jemand mit einem stressenden Ereignis klarkommt, liegt nämlich nicht nur in der Schwere des Ereignisses begründet, sondern auch in Umgebungsvariablen und den persönlichen Ressourcen, die den Umgang damit erleichtern oder erschweren können.

    Heißt: Auch ein "echtes" Vergewaltigungsopfer kann nicht pauschal sagen, wie es "wirklich" ist, diese Erfahrung gemacht zu haben. Er oder sie kann die eigenen Erfahrungen kundtun und damit die individuelle Leidensgeschichte für Leute illustrieren, die sich so rein gar nichts darunter vorstellen können. Aber jemand anderes wird andere Dinge berichten.

    Die Erfahrung einer Frau etwa, die in der Silvernacht 2015 angegriffen wurde, wird sich deutlich unterscheiden von der eines der englischen Fußballspieler, die von ihrem kürzlich verurteilten Trainer jahrelang missbraucht wurden: In der Silvesternacht waren es Fremde, für die Fußballjungen jemand, den sie persönlich kannten.

    Ein(e) Betroffene(r) von Schicksalsschlag X kann deshalb weiterhin nicht für alle Betroffenen sprechen, genausowenig wie eine Frau für alle Frauen oder ein Mann für alle Männer sprechen kann. Smile

    Gotthelf schrieb:
    Naja, vielleicht ist es deswegen kein Schocker mehr, weil man um geschockt sein zu können, irgendwie mit den Personen sympathisieren muss.

    Korrekt! Smile Deshalb habe ich nämlich auch das Gefühl, dass Splatterfilme vor allem von jenen Leuten schlechtgeredet werden, die sie selbst nicht geguckt haben, und daher - um dieselbe Logik zu gebrauchen Wink - "nicht wissen, wie das wirklich ist" Very Happy .

    Und weil sich so eine generelle Aussage wie gesagt nicht pauschal treffen lässt:
    Mir persönlich geht es mit Horrorfilmen genauso wie dir: Charaktere, die erkennbar als reines Kanonenfutter aufgebaut werden - bei Star Trek waren das damals die "Red Shirts", die nur zum Sterben da waren Very Happy - lösen bei mir keine emotionale Reaktion aus. Erst recht nicht, wenn sie sich auch noch durch besonders dämliches Verhalten selbst in die Lage bringen, wo sie dann ihre Qualen erleiden. Und das ist dann nicht etwa "victim blaming", sondern ein Vorwurf an die Handlung, die unter abstrusen Erklärungen ein bestimmtes Schock-Outcome forcieren will und zu diesem Zwecke die Charaktere mit Absicht dumme Fehler begehen lässt.

    Alandra Ossenberg schrieb:@Antha: Damit einhergehend Machtphantasien.

    Ja, ist nur die Frage, welche Art von Machtphantasie:
    Die des Täters, der die sexuelle Gewalttat ausführt?
    Oder die des strahlenden weißen Ritters, der einschreitet, um es zu verhindern, zu beenden oder zumindest später das Opfer zu rächen? Wink

    Letzteres kann nämlich ebenfalls Grund für eine explizite Gewaltdarstellung sein: In eine Vergewaltigungsszene, die nur off-stage passiert, kann niemand eingreifen. In einer, die explizit geschildert wird, selbst, wenn dann tatsächlich niemand eingreift, wird im Leser das Bedürfnis ausgelöst, er selbst hätte eingreifen können. Mein Vater ist für so etwas extrem anfällig, der bekommt bspw. schon beim Musikvideo zu Nightwishs "Amaranth" irgendwelche Ritterfantasien (dabei geht es dabei gar nicht um sexuelle Gewalt). Sexuelle Gewalt - Seite 3 3402984712

    Und dass Sympathie oftmals das eigentliche Ziel solcher Szenen ist, zeigt sich an Beispielen wie diesem hier:
    Alandra Ossenberg schrieb:
    @Gotthelf: Ich habe mal irgendwo gelesen, man solle gerade in bestimmten Situationen metaphorisch verdichten (z.B. weil ein einzelner verlorener, zerfetzter Stoffteddy am Boden einer Kriegsszene mehr Mitleid evozieren könne als eine ganze explizite Szene - Stichwort "Symphatie").

    Das impliziert nämlich: Hier war ein Kind Opfer. Und das empfinden wir aus evolutionären Gründen als tragischer, als wenn dasselbe einem Erwachsenen geschieht.

    Die Tribute von Panem, Teil 3 und Die Brüder Löwenherz:

    Auf dieselbe Weise könnte man andeuten: Hier ist eine Frau gestorben. Beispielsweise indem da eine Haarlocke, eine Kette, ein Ohrring o.ä. herumliegt.

    "Hier ist ein Mann gestorben" hingegen ist der Pauschalzustand in jedem Krieg. Es ist etwas anderes, wenn man den betroffenen Charakter in der Handlung kennen gelernt hat. Aber der Tod einer namenlosen Person hat bei einem Kind noch am ehesten Wirkung - vermutlich sogar noch stärker, als wenn man ein ganzes Massengrab erwachsener Soldaten zeigt.

    Also könnte man auch behaupten: Verharmlost das nicht den Tod von Soldaten? Wink Wenn es in den Nachrichten heißt: "X Menschen kamen bei einem Terroranschlag in Kabul ums Leben, darunter Y Kinder", verharmlost das nicht den Tod der Erwachsenen?

    Ich denke, wir haben in dieser Debatte oft Ursache und Wirkung falsch herum konstruiert: Nicht die Medien sind es, die unsere Wahrnehmung verharmlosen, sondern unsere Wahrnehmung prägt, was die Medien verharmlosen. Den Tod von Kindern empfinden wir Menschen nun einmal evolutionsbedingt als dramatischer - und die, die in den Medien arbeiten, sind eben auch nur Menschen Wink .


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    Beitrag von Viskey Mo 26 Feb 2018 - 12:39

    Also ich habe in einem anderen Forum fast zeitgleich eine ähnliche Diskussion erlebt, auch da ging es um sexuelle Sachverhalte, wo die jeweiligen Grenzen liegen, und beide Threads haben mich zum Nachdenken gebracht, wie nötig die Darstellung von Gewalt (ob nun sexuell oder rein physisch) nun wirklich ist, um den weiteren Verlauf einer Geschichte richtig einordnen zu können.

    Ob nun hier oder dort (hier hab ich's jetzt nach querlesen nicht gefunden), es wurde das Argument aufgeführt, dass spätere Gewalt (sprich Rache) nur richtig verstanden werden kann, wenn man den Auslöser (auch irgendeine Form von Gewalt), vor Augen geführt bekommt.

    Das sehe ich dezitiert anders. Klar, irgendwo im Verlauf der Geschichte muss vorkommen, wofür sich die Hauptfigur rächt, so das denn der Fall ist. sonst ist es nichts als eine sinnbefreite Gewaltorgie. - Was für mich ein bloßer Rachefeldzug zwar auch ist, aber gut, das darf jeder für sich selbst entscheiden.

    Tatsächlich sind wir - hoffentlich - auf dem Weg zurück, wo der angesprochene bärtige, bullige Mann das blonde, zarte Fräulein am Handgelenk packt ... oder den blonden, zarten Mann. Jedenfalls, weg von den offenen "Schockern", die in Wahrheit kaum noch jemanden hinterm Ofen hervorlocken. - Die Opfer-Täter-Konstellation kann dann natürlich variieren und fällt hoffentlich nicht auf das Blonde Damsel in Distress-Klischee zurück.



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    Beitrag von Gotthelf Mo 26 Feb 2018 - 12:51

    Sexuelle Gewalt - Seite 3 1246532750
    Merkwürdig. Ich hatte das nie im Kopf, dass man für Rache den Auslöser kennen muss. Aber Beispiel: Prota möchte Rache für seine toten Eltern. Macht es da einen Unterschied, ob er nun einfach nur erfährt, dass sie getötet wurden oder ob in allen Einzelheiten geschildert wird, wie ein Verrückter auf seine Eltern einsticht und dabei lacht wie ein Wahnsinniger? Ich glaube nicht.





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    Beitrag von marismeno Mo 26 Feb 2018 - 14:29

    Gotthelf schrieb: Sexuelle Gewalt - Seite 3 1246532750
    Merkwürdig. Ich hatte das nie im Kopf, dass man für Rache den Auslöser kennen muss. Aber Beispiel: Prota möchte Rache für seine toten Eltern. Macht es da einen Unterschied, ob er nun einfach nur erfährt, dass sie getötet wurden oder ob in allen Einzelheiten geschildert wird, wie ein Verrückter auf seine Eltern einsticht und dabei lacht wie ein Wahnsinniger? Ich glaube nicht.

    Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen:
    Dass der Mörder wie ein Verrückter auf die Eltern eingestochen und dabei wie ein Verrückter gelacht hat, kann dem Prota auch von einem Zeugen erzählt werden, um die Rachegelüste besonders dringend werden zu lassen. Der Autor muss den grausamen Mord (und die Vergewaltigung von Mutter und vier kleinen Schwestern) nicht in allen Details schildern (mit umherfliegenden Gedärmen, spritzenden Blutfontänen und herzzerreißenden Schreien). In dem Fall ist "Tell" aus meiner Sicht besser als "Show". Ein Beispiel, das ich selber geschrieben habe, wäre der Mord an einem guten, alten Freund, der meinen Hauptprota zum Umdenken und Eingreifen  bringt, in einer politischen Situation, aus der er sich grundsätzlich und aus Überzeugung heraushalten wollte. Dass es ein Mord war, bekommt der Prota erst im Lauf der Zeit heraus, indem er einen Zeitungsartikel liest und mit drei verschiedenen Leuten redet. Jedesmal wird der Todesfall ein wenig anders dargestellt und der Prota muss sich sein eigenes Bild daraus zusammenbasteln. Ich hätte auch schildern können, wie der alte Mann durch einen provozierten Unfall mit zahmen Drachen im Rahmen einer Massenpanik überrannt und schwer verletzt und dann in der folgenden Nacht mit einem Kissen erstickt wird. Aber wozu? Die Gedanken des Prota und sein Umdenken waren viel wichtiger als das Ereignis an sich.

    Aber meine Zielgruppe sind auch nicht die Leute, die gerne von umherfliegenden Gedärmen und flehendlichen Schreien lesen.
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    Beitrag von Gotthelf Mo 26 Feb 2018 - 15:09

    Danke, dass du nochmal genau das gesagt hast, was ich eben auch geschrieben habe.

    Und schön, dass wir alle der gleichen Meinung sind Wink


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    Beitrag von Strato Incendus Mo 26 Feb 2018 - 16:21

    marismeno schrieb:Die Gedanken des Prota und sein Umdenken waren viel wichtiger als das Ereignis an sich.

    Wenn du die ausführst, betreibst du ja immer noch "show" und nicht "tell" Wink . Du sagst dem Leser nicht einfach, dass der Charakter traurig / wütend war über den Todesfall, sondern du schilderst es.

    Das ist für mich erst einmal unabhängig davon, ob man eine Gewaltszene darstellt oder nur einen anderen Charakter davon berichten lässt.

    Wenn irgendein Bote ankommt und über ein Massaker berichtet, dies dann aber mit genau diesem Detailreichtum über fliegende Gedärme etc. tut, dann macht das mMn keinen großen Unterschied mehr dazu, es direkt in der konkreten Situation zu beschreiben. Es ist lediglich zeitlich verzögert, aber die blutigen Details stehen trotzdem da auf dem Papier, und der Leser liest sie genauso Smile .

    Und umgekehrt kann ich mich auch auf die psychologischen Auswirkungen einer Gewaltszene konzentrieren, egal, ob derjenige selbst in der Situation steckt oder nur davon hört. Klar, die Art der Gefühle wird sich minimal unterscheiden - wenn man z.B. nicht selbst in der Situation ist, wird man zwar sicherlich ebenso Trauer oder Wut verspüren, aber es kommt nicht noch die Angst mit dazu, die man haben müsste, wenn man selbst ausgeliefert wäre.

    Ich würde gerne die Diskussion von der Annahme lösen, die Darstellung einer Gewaltszene in der Gegenwart - anstelle des bloßen "Andeutens und dann Ausblendens", wie hier mit dem Beispiel "am Handgelenk packen" beschrieben - hieße zwangsläufig, dass der Autor sich sprachlich in den Pathologiesaal oder den Fetischporno-Keller begibt Smile .

    Da hier ja bereits Konversationen aus anderen Fantasy-Foren angeführt wurden: In dem Autorenforum, wo ich vorher war, war man sich in Bezug auf reguläre (=einvernehmliche) Sexszenen einig, "was zwischen den Ohren passiere sei wichtiger, als was zwischen den Beinen passiere".

    Warum nun sollte das bei gewaltsamen Szenen anders sein? Smile Klar, ein paar "Eckdaten" zu den Geschehnissen können dann helfen, um zu wissen, welche äußeren Vorgänge jetzt gerade zu den aktuellen Gedanken und Gefühlen eines Charakters führen. Das kann man dann aber auch kurz und knapp abhandeln - ohne viele ausschmückende Adjektive, um alles in 50 verschiedenen Rottönen zu illustrieren, sondern mehr Fokus auf die nackten Tatsachen.

    Kann dann sogar in Summe grausamer wirken, wenn eine bestimmte Handlung des Bösewichts einfach kurz, knapp und nüchtern berichtet wird, in einem Satz oder so (das ist dann quasi "tell"). Das reicht schon, um zu wissen, was sich an der Situation geändert hat, und man kann sich sogleich wieder in das Gedanken- und Gefühlsleben eines Charakters ("show") stürzen Wink .

    Im Endeffekt führt das nur zu der Frage, inwiefern eine (sexuelle) Gewaltszene eine "Actionszene" ist / sein soll. Denn wie im Parallelthread deutlich wird, kann eine solche durch zu starken Fokus auf Gedanken und Gefühle in ihrem Tempo gehemmt werden.


    Stichwort "Action":

    Gotthelf schrieb:Macht es da einen Unterschied, ob er nun einfach nur erfährt, dass sie getötet wurden oder ob in allen Einzelheiten geschildert wird, wie ein Verrückter auf seine Eltern einsticht und dabei lacht wie ein Wahnsinniger? Ich glaube nicht.

    Kommt aufs Genre an Wink . Ist alles eine Frage der "Verhältnismäßigkeit", so wie auch bei Notwehr.

    In einem Actionfilm wird wie gesagt mMn Gewalt sogar am meisten verharmlost. Da wird jemand erschossen oder von einer Explosion zerfetzt und verschwindet danach einfach aus dem Bild, sodass der Zuschauer die zerstörerischen Auswirkungen auf den menschlichen Körper nicht zu sehen bekommt.
    In so einem Setting reicht es vielleicht, dass der Hauptcharakter nur vom Tod einer nahestehenden Person erfährt, und am Ende erschießt er dann den Täter, was auch nicht im Detail gezeigt wird. --> Ursprungstat und "Lösung" des Konflikts werden im selben Verhältnis dargestellt.

    In einem Exploitationfilm hingegen - Beispiel eben in Anbetracht des hiesigen Themas "I Spit On Your Grave" - kann man die blutige Rache der Protagonistin am Ende nur als gerechtfertigt ansehen, weil die Vergewaltigung vorher mit demselben Detailreichtum gezeigt wurde. --> damit auch hier das gleiche Verhältnis herrscht

    Würde nur die Vergewaltigung im Detail gezeigt, die Rache aber nur wie in einem Actionfilm, würde das die meisten Zuschauer unzufrieden zurücklassen - weil es den Eindruck erzeugt, die Täter seien nicht angemessen für ihre Tat bestraft worden. Es würde zwar der Protagonistin eine Iphigenie auf Tauris-artige moralische Überlegenheit attestieren, wenn sie sie "nur" kurz und schmerzlos umbringt - oder noch zivilisierter: sie der Polizei zuführt Very Happy - aber die urtümlichen Instinkte, an die hier appelliert wird, geben sich mit Rechtsstaatlichkeit nicht zufrieden Smile . Der Affe in uns möchte gerne "Auge um Auge, Zahn um Zahn" sehen.

    Umgekehrt, wie ich bereits angeführt hatte: Würde die Vergewaltigung nur impliziert und die Rache dann blutig ausgeführt, läge ebenso wenig Verhältnismäßigkeit vor. Denn zeigt man das spätere Leid der Täter länger als das ursprüngliche Leid des Opfers, hat der Zuschauer nachher Mitleid mit den Tätern anstatt andersherum Wink .

    Also scheint die Lösung, doch wieder beides so harmlos wie im Actionfilm darzustellen, also sowohl ursprüngliches Unrecht als auch Vergeltung ohne blutige Details darzustellen.

    Nur wie gesagt: Das ist mMn die eigentliche Verharmlosung Wink . Denn der Zuschauer / Leser bekommt auf diese Art und Weise nur den "coolen" Teil von Gewalt zu sehen: Das Ziehen der und Rumposieren mit der Waffe, das Klopfen markiger Sprüche, das Abdrücken und irgendein malerisch fliegendes Geschoss - aber eben nicht die Konsequenz dieses Verhaltens, nämlich den Aufprall und was der alles an Zerstörung anrichtet.


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    Beitrag von Gotthelf Do 1 März 2018 - 22:02

    Hat zwar nur bedingt mit Fantasy zu tun, aber hier ist noch jemand, der sexuelle Gewalt verharmlost:
    https://www.gatestoneinstitute.org/5195/sweden-rape

    Ich dachte mir, es ist ganz interessant zu wissen, was denn so in der Realität abläuft...


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    Beitrag von Strato Incendus Do 1 März 2018 - 23:25

    Ist mir bekannt; da geht's allerdings mehr darum, wer das Verbrechen begeht, als um das Verbrechen an sich. Dieselben Leute bauschen nämlich auch einen Macho-Spruch oder eine ungewollte Berührung zu etwas einer Vergewaltigung Gleichwertigem auf, wenn diese Dinge denn nur von der "richtigen" Zielgruppe begangen werden Smile .

    Ja, den "Mythos" darüber, dass die meisten Opfer ihren Täter kennen, habe ich auch früher oft gehört - und ihn sogar zum Anlass genommen, in meiner Geschichte zwischen dem späteren Opfer und dem entsprechenden Bösewicht vorher eine persönliche Verbindung aufzubauen (allerdings kein "Vertrauensverhältnis").

    Mittlerweile finde ich jedoch, dass das speziell in meiner Story besser funktioniert, weil es mehr Gewicht hat, wenn man beide Charaktere kennt. Wenn der Täter ein Random-Brutalo von der Straße ist, ist das in einer Handlung ähnlich, als wenn das Opfer als reines "Frischfleisch" aufgebaut wird, wie es gerne in Horrorfilmen gemacht wird.

    Eine Überfall-Szene mit "Random-Brutalos" von der Straße gibt es zwar auch (ein paar Orks, die sich in der Multikulti-Hauptstadt nicht zu benehmen wissen Wink ), aber das wirkt dann mehr wie ein Zufallsereignis - und es greift jemand ein, der Schlimmeres verhindert.
    Ironischerweise der, der später selbst zum Täter wird.


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    Beitrag von Gotthelf Fr 2 März 2018 - 5:31

    Ganz so einfach ist das nicht, denn in der rechtlichen Definition von Vergewaltigung wird weder hier noch in Schweden die Herkunft des Täters berücksichtigt. Davon abgesehen, der Punkt sind nicgt die Zahlen, sondern wie mit dem Thema umgegangen wird. In Schweden wird es totgeschwiegen, allein eine Statistik darüber zu erstellen, wo die Herkunft miteinbezogen wird, gilt schon als rassistisch. Und hier? Hier wird den Frauen geraten, "eine Armlänge Abstand" zu nehmen, oder sich konservativer zu kleiden...


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    Beitrag von Alandra Ossenberg Fr 2 März 2018 - 14:27

    Ach na ja, der Zeitungsartikel ist so einseitig suggestiv und undifferenziert wie das, was er verurteilt. Und meilenweit von Fantasymedien weg.

    Was mir bei sexueller Gewalt im Fantasy-Bereich auffällt, ist, dass sich die Darstellung auf einige Kerngebiete fokussiert: im Orbit von Krieg, von Prostitution, in irgendwelchen Dungeons, im Rahmen von irgendwelchen magischen oder religiösen Ritualen und sexuelle Nötigung in Tavernen. Im häuslichen Bereich findet sich am ehesten etwas mit Bezug auf arrangierte Ehen, evtl. noch das Arbeitgeber-Angestellten-Verhältnis.

    Ich glaube, dass zugrunde liegende Probleme hierarchische Strukturen sind, aus denen sich dann Gelegenheiten ergeben, die Gefahr von Entdeckung und Bestrafung gering ist und sich beim Täter/der Täterin durch Gewöhnung/Erziehung/Lebenserfahrung die Ansicht eingestellt hat, man habe aus dem einen oder anderen Grund quasi eine Berechtigung zum Akt.


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    Beitrag von Strato Incendus Fr 2 März 2018 - 23:59

    Alandra Ossenberg schrieb:Ach na ja, der Zeitungsartikel ist so einseitig suggestiv und undifferenziert wie das, was er verurteilt.

    Das ist das Problem der Polarisierung. Solange keiner bereit ist, vor der eigenen Haustür zu kehren, wird es in konservativen Medien vorwieglich um Feminismus und Flüchtlinge gehen und in sozialistischen um Nazis - aber nur selten anders herum.

    Sargon of Akkad hingegen ist ein eigentlich linksliberaler YouTuber, der aber so viel vor der eigenen Haustür kehrt, d.h. die Probleme seiner eigenen politischen Seite kritisiert, dass diese ihn gerne selbst bereits als "alt-right" o.ä. abstempelt.

    Was die Medien links und rechts außen allerdings bewirken, ist, Druck auf die in der Mitte zu machen, über bestimmte Sachverhalte ebenfalls zu berichten - und die tun es dann hoffentlich etwas ausgewogener Smile . In Bezug auf die große Migrationswelle 2015 etwa haben ja nun die meisten Fernsehsender und Zeitschriften eingeräumt, da bestenfalls naiv, schlimmstenfalls verharmlosend herangegangen zu sein.

    Alandra Ossenberg schrieb:Was mir bei sexueller Gewalt im Fantasy-Bereich auffällt, ist, dass sich die Darstellung auf einige Kerngebiete fokussiert: im Orbit von Krieg, von Prostitution, in irgendwelchen Dungeons, im Rahmen von irgendwelchen magischen oder religiösen Ritualen und sexuelle Nötigung in Tavernen.

    Immer wieder gern gesehen, die berühmten F*ckrituale! Very Happy Übrigens interessant, wie viele Frauen über so etwas schreiben. Ich denke da an verschiedene Werke von Marion Zimmer Bradley, aber auch an z.B. "The Handmaiden's Tale".

    Aber Herr Goodkind zieht natürlich auch da wieder mit Smile . Meiner Wahrnehmung nach verschwimmen jedoch diese rituellen Geschichten oft in einer Weise, dass sie eher einer masochistischen Fantasie des Autors bzw. vorwiegend der Autorin entspringen (werden nämlich meist aus Sicht des "Opfers" erzählt). Die Kernfaszination dieser ritualisierten Sexszenen scheint mir eher der Gedanke des "zu seinem Glück gezwungen-Werdens" zu sein.

    Alandra Ossenberg schrieb:Im häuslichen Bereich findet sich am ehesten etwas mit Bezug auf arrangierte Ehen, evtl. noch das Arbeitgeber-Angestellten-Verhältnis.

    Ich glaube, dass zugrunde liegende Probleme hierarchische Strukturen sind, aus denen sich dann Gelegenheiten ergeben, die Gefahr von Entdeckung und Bestrafung gering ist und sich beim Täter/der Täterin durch Gewöhnung/Erziehung/Lebenserfahrung die Ansicht eingestellt hat, man habe aus dem einen oder anderen Grund quasi eine Berechtigung zum Akt.

    Kannst du mir dann auch die "hierarchische Struktur" bei einem sexuellen Übergriff durch einen Fremden auf der Straße erklären? Wink Es sei denn, wir reden von "mein Gott / meine Kultur ist besser als deine(r), also darf ich das"...

    Du hast jedoch Recht, dass es im Fantasy-Bereich meistens schon die arrangierte Ehe braucht, damit das Opfer-Motiv wieder greift.

    Kommt nämlich irgendwie nicht so gut, wenn sich aus dem Bilderbuch-Märchen, wo der Ritter oder Prinz zunächst galant um die Hand der Prinzessin anhält und sie auf den seinen trägt, am Ende eine mittelalterliche Standard-Ehe entwickelt - wo der Mann zwar für seine Frau und Familie in Schlachten zieht, aber dann auch mit Selbstverständlichkeit erwartet, dass er ran darf, wenn er lebend nach Hause zurückkehrt.

    Damals war das "Recht auf Sex" in einer Ehe wohl einer der Hauptmotivatoren für Männer, für ihre Familie Verantwortung zu übernehmen, für ihren Schutz zu kämpfen und dabei dann auch evtl. ihr Leben zu lassen.
    Auch hier sind wieder simple evolutionäre Logik am Werk: Wenn du weißt, dass du dein Leben jederzeit im Kampf verlieren kannst, willst du vorher sichergestellt haben, dass deine Gene weiterhin in Umlauf sind.

    Deshalb galt es ja auch damals als praktisch gottgegeben, dass Männer regelmäßig in der Schlacht starben und Frauen im Kindbett.

    In einer der letzten Game of Thrones-Folgen wurde das auch mal so direkt angesprochen, zwischen Bronn und noch jemandem - dass es eigentlich bei jedem Krieg letztendlich auch nur um Sex gehe (Stichwort: "Was glaubst du denn, wofür die Soldaten ihr Gold ausgeben?").

    Dass es in einer Ehe den Straftatbestand der Vergewaltigung ebenfalls geben kann, das wurde ja schließlich erst Ende des letzten Jahrhunderts eingeführt. Und ich glaube, es ist kein Zufall, dass das solange gedauert hat - nämlich bis zu einer Zeit, wo man sich des Friedens verhältnismäßig sicher sein konnte.

    Gotthelf schrieb:Ganz so einfach ist das nicht, denn in der rechtlichen Definition von Vergewaltigung wird weder hier noch in Schweden die Herkunft des Täters berücksichtigt.

    Für Schweden habe ich das auch gehört, aber für Deutschland taucht die Herkunft des Täters doch in der polizeilichen Kriminalstatistik auf? Rolling Eyes Und die meisten Zeitschriften berichten sie auch standardmäßig (sofern bereits bekannt, versteht sich).

    Ich verstehe jetzt nicht ganz, wie du die Herkunft in die Definition des Verbrechens mit eingearbeitet haben möchtest. Meinst du in Bezug auf das Motiv (persönlich / religiös / kulturell)?

    Ein Problem mit der Definition gibt es eher in England, laut der kann nämlich kein Mann von einer Frau vergewaltigt werden. Die Möglichkeit "made to penetrate" ist hier nicht berücksichtigt.


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    Sexuelle Gewalt - Seite 3 Empty Re: Sexuelle Gewalt

    Beitrag von Gotthelf Sa 3 März 2018 - 0:13

    Ach na ja, der Zeitungsartikel ist so einseitig suggestiv und undifferenziert wie das, was er verurteilt
    Dazu gibt es auch zahlreiche Videos, mein Lieblingsvid sagt dazu "Man könnte ja meinen, Ägypten sei progressiver als Schweden, aber das stimmt nicht, denn in Ägypten gelten andere Gesetze und andere Sitten. Dort gilt es nicht als Vergewaltigung, wenn eine Frau von ihrem Ehemann zum Sex gezwungen wird, und Frauen berichten der Polizei auch nicht von Vergewaltigungen, weil dort nicht nur der Täter, sondern auch das Opfer bestraft wird" Die ganzen Links wollte ich jetzt nicht teilen, da wir alle wissen, wie man Google benutzt, und auch wissen sollten, dass man sich eine Meinung nicht nur anhand von einer Seite bilden kann/soll/darf.

    Und meilenweit von Fantasymedien weg.
    Hab ich auch nicht anders behauptet. Wo du aber Parallelen findest, ist wie mit dem Thema umgegangen wird, in der Literatur und in der Realität.

    @Strato:
    Ich bezog mich auf folgenden Satz:
    Leute bauschen nämlich auch einen Macho-Spruch oder eine ungewollte Berührung zu etwas einer Vergewaltigung Gleichwertigem auf, wenn diese Dinge denn nur von der "richtigen" Zielgruppe begangen werden
    Und das ist schlicht falsch, denn die Definition von Vergewaltigung ist "das nicht einverständliche, sexuell bestimmte vaginale, anale oder orale Eindringen in den Körper einer anderen Person"(Wikipedia), und dort steht nicht, dass falls ein Muslim der Täter ist, schon ein Grabschen als Vergewaltigung zählt. Nein. Vergewaltigung ist Vergewaltigung, unabhängig davon, wer wen vergewaltigt.

    Ich denke schon, dass das Thema in der Literatur gerade deshalb so präsent ist, weil es in der Realität zu einem Tabuthema geworden ist. Literatur, und v.a. Fantasy war ja schon immer Eskapismus (nicht nur, aber auch), und Autoren wollen immer mal wieder Dampf ablassen, genauso wie es Musiker in ihren Texten machen. Und auch unter Autoren gibt es die Nickelbacks, die Slim Shadys und die Phil Anselmos.


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    Beitrag von Alandra Ossenberg Sa 3 März 2018 - 8:26

    Ich bin mal stillschweigend davon ausgegangen, dass wir alle wissen, dass es in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Gesetzgebungen gibt. Und was andere Medienbeträge besagen, ändert nichts daran, dass der angeführte Artikel die strukturellen Schwächen hat, die er hat.

    Und ansonsten würde ich gerne wieder mehr auf konkrete Fantasy-Medien zurückkommen. Für allgemeine Kritik an der Diskursfähigkeit heutiger Medien wäre dann wohl ein Ordner in der Plauderecke am geeignetsten.


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