@Strato
Vielen Dank für den Überblick über die rechtlichen Grundlagen!
Da gibt es noch mehr, ich pack auch gleich noch mal was rein. Da ist die Abgrenzung einfacher.
Die Frage, was gewaltverherrlichend und was einfach nur gewaltdarstellend ist, finde ich daran jedoch am spannendsten.
Und hier ist die Abgrenzung halt sehr schwierig. Und die andere Frage ist, ob durch das Übermaß an Gewaltdarstellung nicht auch eine Abstumpfung stattfindet, wodurch dann wiederum die Empathiefähigkeit leidet. Aber das sprengt wohl den Rahmen dieses threads.
Ich stimme dir zu, dass die Begriffserweiterungen auch zu einer Art Verharmlosung führen. Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Und niemand kennt die genauen Zahlen. Dass ich die Tendenz habe, von hohen Dunkelziffern auszugehen, was tatsächliche Vergewaltigungen anbelangt, liegt auch daran, dass in meinem Umfeld eine recht hohe Quote besteht. Aber das mag Zufall sein.
@Gotthelf und Strato
ja, völlig unbegründete Anschuldigungen sind eine andere, schlimme Sache. In welcher Form auch immer.
@Strato
Das ist ja gerade der Sinn hinter Kamagnen wie #MeToo: Die Grenzen dessen, was als Übergriff gesehen wird, so weit aufweichen, dass jede(r) es schreiben kann.
Auch hier wird Empathie ausgenutzt: Menschen, die #MeToo schreiben, nur weil sie das Gefühl haben, jemand habe ihnen einmal zwei Sekunden lang nachgestarrt, sind neidisch auf die Empathie, die man den Opfern physischer sexueller Übergriffe entgegenbringt - und wollen etwas davon abhaben.
Das ist mir unbegreiflich. Fälschlicherweise so etwas zu behaupten. Ich fand es bisher positiv, denn solche Kampagnen geben mir das Gefühl, nicht allein zu sein, mich dessen nicht schämen zu müssen, mich nicht mehr zu fragen, ob ich nicht auch daran schuld war, oder mich zu fragen, wie ich nur so dumm sein konnte, wie ich das zulassen konnte etc.
Und vielleicht ist das auch der Grund - um eine andere hier in den Raum geworfene Frage zu beantworten - warum man mit einer Mobbing-Story heute keinen Leser mehr hinter dem Ofen hervorlockt Wink .
Warum denn nicht, wenn es gut geschrieben ist? Ausgrenzung ist wohl eines von vielen zeitlosen Themen, wie Liebe, Leid, Tod, Krankheit, Krieg, Verrat ua.
So, jetzt erst mal zurück zu den rechtlichen Grundlagen:
§ 130
Volksverhetzung
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. eine Schrift (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren eine Schrift (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, die
a) zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b) zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c) die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
2. einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
3. eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalts herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein- oder auszuführen, um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
(5) 1Absatz 2 Nummer 1 und 3 gilt auch für eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalts. 2Nach Absatz 2 Nummer 2 wird auch bestraft, wer einen in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist der Versuch strafbar.
(7) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, und in den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt § 86 Abs. 3 entsprechend.
§ 130a
Anleitung zu Straftaten
(1) Wer eine Schrift (§ 11 Abs. 3), die geeignet ist, als Anleitung zu einer in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Tat zu dienen, und nach ihrem Inhalt bestimmt ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen, verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
1. eine Schrift (§ 11 Abs. 3), die geeignet ist, als Anleitung zu einer in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Tat zu dienen, verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
2. öffentlich oder in einer Versammlung zu einer in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Tat eine Anleitung gibt,
um die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen.
(3) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer einen in Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien der Öffentlichkeit zugänglich macht.
(4) § 86 Abs. 3 gilt entsprechend.
Die Holocaustleugnung (unter dem Suchbegriff wird man verwiesen auf § 130) ist strafbar. Das ist beispielsweise eine recht einfache Sache in Bezug auf Abgrenzung.
@Gotthelf
Aber: Ich denke, Literatur darf tun und lassen was sie will, das hat sie immer gemacht, sie spielt mit den Tabus der Gesellschaft und sie möchte Grenzen erkunden und hinterfragen, was unsere Regeln und Tabus denn eigentlich sollen. Wenn wir alles verfolgen, was uns nicht in den Kram passt, dann heißt das Zensur und wir sollten aus der Geschichte gelernt haben, was da passiert. Denn bei einem ersten Schritt bleibt es nie.
Nein, so ganz einfach mit dem Tun und Lassen, wie es einem beliebt, ist es halt nicht. Schreibst du ein Buch, in dem du steif und fest behauptest, den Holocaust habe es nie gegeben, dann musst du mit einer Strafe rechnen. Wenn du es veröffentlichst. Presse- und Meinungsfreiheit sind zwar ein hohes Gut, aber auch das gilt nicht uneingeschränkt.
Sexuelle Gewalt in der Fiktion sollte behandelt werden, wie jede andere. Sie hat nur die Besonderheit, dass sie an fast sämtlichen Stellen völlig unlogisch und unangebracht daherkommt, weshalb ich sparsam damit umgehen würde. Ihr wisst sicherlich, dass ich allein aus Provokation so etwas schreiben könnte. Aber ich tue es nicht. Warum? Weil so eine Szene meinem Plot nicht dienen würde, und es als Gimmick einzubauen wäre wohl ein schlechter Witz.
Bei dem sparsamen Umgang bin ich ganz bei dir. Sehr sinnvoll.