@Jotter schrieb:die aktuellen Ausschreibungen finde ich ja alle sehr spannend und mich kirbbelt es richtig in den Fingern, bei einer (oder gar mehreren) von ihnen mitzumachen, nur habe ich Angst, dass ich das nicht schaffen werde, und vielleicht habe ich auch ein wenig Angst vor Ablehnung und heftiger Kritik.
Ich kann diese Sorge aus meiner Erfahrung heraus sehr gut nachvollziehen, und zwar aus Bewerbungen im Berufsleben, von denen ich damals gefühlt eine Tonne verfasst und immer nur Absagen oder, falls ich doch eine Chance bekam, nur Ärger kassierte. Klar, dann fragt man sich irgendwann, was man denn falsch macht und warum die anderen scheinbar besser sind usw. und fängt an, abwechselnd an sich selbst und denen, die einen ablehnen, zu zweifeln. Und da sagt einem auch keiner, was man ändern muss, um erfolgreicher oder besser zu sein, im Gegenteil, man wird nur verunsichert durch irgendwelche überhaupt nicht personalisierten/individuellen Ratschläge anderer.
Ich finde es sehr wichtig, sich bei Ablehnung immer wieder klarzumachen, dass es
zwei Seiten gibt und eine Ablehnung bzw. ein Misserfolg auch bedeuten kann, dass es von der anderen Seite her einfach gerade nicht passt und nicht etwa, dass man nicht talentiert oder leistungsstark oder bemüht genug wäre. Manchmal ist es auch so, dass man einfach in der falschen Zeit am falschen Ort in der falschen sozialen Umgebung ist - und auch bei Autoren ist so, dass manche erst viel später für "gut genug" befunden bzw. entdeckt wurden. Und dann gibt es andererseits Menschen, die sich gut "vermarkten" können (zu denen gehöre ich nicht), die haben generell auch eher einen Riecher dafür, wo sich die Mühe lohnt und was sie tun müssen, um weiterzukommen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die von Natur aus mehr Talent hätten oder besser geeignet wären, ob nun als Autoren oder beruflich. Meine Erfahrung ist sogar, dass gerade die in ihrem Bereich sehr talentierten Menschen oft ziemlich selbstkritisch sind und sich für schlechter halten, als sie es sind. Und die besten Manuskripte werden vermutlich nie irgendwo veröffentlicht, weil der Schreiber sie für uninteressant oder nicht gut genug hält und sie für immer in seinem elektronischen Schreibtisch verschließt. Und gerade in der Literatur sind Bewertungen nicht wie in der Wissenschaft, da geht es viel nach Gefallen, Marktlage und Trends. Da würde ich dir empfehlen, dir Ranglisten z.B. bei Wettbewerben gar nicht so zu Herzen zu nehmen bzw. nicht überzubewerten, sie bilden lediglich den aktuellen Geschmack der Leserschaft ab, die sie bewertet hat. Bei großen Verlagen wiederum bildet die Bewertung ab, was sich gerade oder voraussichtlich gut an die Zielgruppe verkaufen wird.
Wenn du - wie ich aufgrund meiner Vergangenheit - allgemein nicht (mehr) gut mit Kritik, Ablehnungen, Misserfolgen oder gescheiterten Bemühungen umgehen kannst, wäre es eine Alternative, dich nicht weiter mit "Bewerbungseinsendungen" herumärgern und lieber gleich "dein eigenes Ding" machen.
(Also, falls du mir eine Kurzgeschichte für meine Anthologie schickst, verspreche ich dir eine persönliche Rückmeldung und dass ich sie nur ablehnen würde, wenn sie wirklich völlig unpassend oder schlecht wäre.)
Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig Mut machen, es doch mal auszuprobieren, und falls du nicht das erhoffte Ergebnis erzielst, deswegen nicht gleich an dir zu zweifeln, sondern einfach einen anderen, besser zu dir passenden Weg einzuschlagen. Man lebt, man arbeitet, und man schreibt doch in erster Linie für sich selbst und nicht für Erwartungen anderer!