Vielen Dank, Drottning Katt!
Ich persönlich bin allerdings ganz froh über diesen kleinen "Umweg", da ich dadurch mehr Zeit hatte, über Necroghouls zahlreiche Punkte nachzudenken - denn viele davon waren wieder einmal außerordentlich hilfreich, und da möchte ich natürlich alle in entsprechender Tiefe würdigen.
@Necroghoul7: Dir also erstmal vielen herzlichen Dank für deine ausführlichen Überlegungen!
Necroghoul7 schrieb:Das Wichtigste aus meiner Sicht vorweg: Wenn es die Möglichkeit der Wiederbelebung gibt, dann sollte sie sparsam eingesetzt werden. Als Negativbeispiel für eine Überstrapazierung nehme ich mal die Serie „Supernatural“, in der ständig Totgeglaubte zurückkehren, womit dann irgendwie alles möglich und damit nicht mehr so ernst genommen wird.
Ja, mir ging das so bei "Legend of the Seeker" in der zweiten Season. Da wurde der "Breath of Life" der Mord-Sith irgendwann so inflationär eingesetzt, dass der Tod kaum noch eine Bedeutung hatte (außer bei einem Nebencharakter, die sich mit Absicht die Luftröhre durchtrennt hatte, sodass man sie damit nicht wiederbeleben konnte). Dann gab es zusätzlich noch die Banelings, die von den Toten zurückkehren konnten - und während damit noch ein gehöriger Nachteil verbunden war (man musste jeden Tag für den Hüter der Unterwelt töten), konnte man auch den Status "Baneling" wieder loswerden, um wieder ein normaler Mensch zu sein. Dadurch wurde dann etwas zu viel "vor- und zurückgestorben". Im Buch hingegen habe ich den "Breath of Life" bloß als eine Fantasy-sprachgerechte Umschreibung für Mund-zu-Mund-Beatmung verstanden.
Necroghoul7 schrieb:Eine Möglichkeit, das sparsam zu gestalten, sind die „Kosten“, z.B. dass für einen Zurückgeholten jemand anderes sterben muss (im Extremfall muss sich derjenige, der den Zauber wirkt, selbst opfern) oder Schlimmeres, eventuell nicht einmal Vorhersehbares.
Dazu ist mein Magiesystem generell zu "hart": Die Zauber funktionieren wie Computerprogramme, die im Vorfeld formuliert werden müssen, und der Magier ist dann bloß wie der Computer, der das Programm speichern (sich einprägen), laden (sich erinnern) und abspielen (den Zauber wirken) muss.
Einziger unvorhergesehener Drawback, mit dem ich im Moment spiele, ist, dass die Neugenese von Zellen, die erforderlich ist, wenn man den Körper des Toten inklusive seines Gehirns neu erschafft, weiter fortläuft und irgendwann zu Krebs führt (speziell mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für Hirntumore). Da bin ich mir aber noch nicht sicher.
Necroghoul7 schrieb:Es wäre auch möglich, dass deine Elfin ihren Vater zurückholt, er sich aber à la Friedhof der Kuscheltiere verändert hat, böse geworden ist, oder irgendetwas „Finsteres“ von der anderen Seite mit sich zurückbringt (z.B. einen Dämon … oder er tötet jeden, den er anfässt, ohne es zu wollen).
Das gibt es schon zu Beginn der Geschichte - "böse" Wiederkehrer sind dann eben allesamt Untote. Was der Grund ist, warum Nekromantie vielerorts verboten ist. Die Elfe ist eine der wenigen, die noch daran glaubt, dass diese Form der Magie auch für den "guten" (?) Zweck verwendet werden kann, jemanden in sein normales biologisches Leben zurückzubringen. Aber das geht natürlich nur, wenn die Forschung an diesen Zaubern weiterhin erlaubt ist.
Necroghoul7 schrieb:Wenn niemand dauerhaft wiederbelebt werden soll, dann könnte die Lösung also sein, dass es technisch zwar möglich wäre, aber der Preis dafür zu hoch ist.
Und genau an dem Punkt bin ich jetzt gerade: Soll ich es möglich machen, damit ich diesen "Preis" anschaulich demonstrieren kann (show don't tell)? Oder soll ich den "Preis" indirekt als Begründung benutzen, warum es auch technisch gar nicht möglich ist?
Für den internen Konflikt der Charaktere wäre erstere Option schließlich deutlich interessanter: Am Ende die Möglichkeit zu haben, jemanden wiederzubeleben, aber nun daran zu zweifeln, ob sie das überhaupt
sollen / dürfen. Mit großer Macht kommen bekanntlich jede Menge Referenzen zu Spider-Man... ähm... ich meine Verantwortung.
Und noch interessanter ist es, wenn der "Preis" ebenfalls kein vom Plot konstruiertes externes Hindernis ist (also eben nichts Übernatürliches wie "Friedhof der Kuscheltiere" o.ä.),
sondern einfach die natürlichen Konsequenzen dieses Handelns: Jemanden ins Leben zurückzuzwingen, der eigentlich schon seinen Frieden gefunden hatte und den man im Vorfeld nicht um Einverständnis bitten kann. Was insbesondere dann ein hoher Preis ist, wenn der Person danach etwas Leidvolles zustößt, was sie sonst nicht mehr hätte erleben müssen.
Necroghoul7 schrieb:Wenn die Toten nicht zurückkehren wollen, kannst du das auch mit einem schöneren Jenseits erklären wie bei Religionen.
Das war wie eingangs erwähnt meine bisherige Lösung. Wobei das "schönere Jenseits" in meinem Fall dann einfach "Nirvana" wäre, also "Nichtexistenz". Das beißt sich allerdings mit dem Konzept des "Wollens", denn es impliziert, dass die Toten immer noch irgendetwas wollen könnten. Wenn sie nicht existieren, haben sie auch keinen eigenen Willen. Der Satz "Die Toten wollen nicht zurückkehren" ist weiterhin korrekt - nicht trotz ihrer Nichtexistenz, sondern gerade deswegen: Sie wollen gar nichts. Weder zurückkehren, noch irgendetwas anderes.
Necroghoul7 schrieb:Wie du es erklärst, wenn jemand tatsächlich zurückkehrt, ob mit sci-fi-Ideen oder Magie, hängt meines Erachtens nach vom Rest der Geschichte (also deinem „Universum“ darin) ab. Hast du so was wie Science Fantasy, also eine Mischung aus Magie und Wissenschaft, könntest du z.B. das Gehirn nachbauen lassen, aber dann fehlt die Seele o.ä.
Das steht in Verbindung mit dem vorherigen Punkt: Dazu ist mein Universum zu "materialistisch". "Seele" würde ich gleichsetzen mit "Bewusstsein", und das kann nach allem, was ich weiß und mir erschließen kann, nur vom Gehirn erzeugt werden. Wenn also das komplette Gehirn magisch rekonstruiert werden kann, dann müsste auch das Bewusstsein / die Seele wieder da sein. Und umgekehrt, wenn das Gehirn zerstört wird, ist auch das Bewusstsein / die Seele weg.
Necroghoul7 schrieb:Was das Einverständnis angeht – sofern der Betroffene keine Patientenverfügung diesbezüglich hat (:-D), gibt es den sogenannten mutmaßlichen Willen. Ein befreundeter Charakter wird also mutmaßen, was derjenige in genau dieser Situation wollen würde. Damit wird dann auch klar, dass es nicht dasselbe ist wie bei einem neugeborenen Kind, dessen Persönlichkeit und Willen sich erst später formt.
Danke für den rechtlichen Fachbegriff, den kannte ich noch nicht! Inhaltlich argumentiert genau so mein Prota gegenüber der Elfe: "Deinem Vater wurde das Leben vorzeitig genommen, er würde sich bestimmt freuen, dich wiederzusehen."
Dass der mutmaßliche Wille im rechtlichen Sinne existiert, heißt jedoch noch nicht zwangsläufig, dass er auch im moralischen Sinne existiert. Der Annahme, dass man für nahestehende Personen den mutmaßlichen Willen eher erschließen kann als für Fremde (was ungeborene Kinder zu dem Zeitpunkt ja noch sind), kann ich soweit folgen.
Unsere Definition von "Einverständnis" ist aber z.B. sofort eine völlig andere, wenn es um sexuelle Situationen geht: Da gibt es auch im rechtlichen Sinne - zumindest in Ländern mit "Yes-means-Yes" Laws (im Gegensatz zu "No-means-No" Laws) - kein "unausgesprochenes" oder "impliziertes" Einverständnis. Und die Tatsache, dass man die andere Person gut kennt und ihren Willen besser mutmaßen kann als bei Fremden, ändert daran auch nichts.
Hier ist also am ehesten die Frage "Kann man die körperliche Autonomie von jemandem verletzen, bevor er überhaupt einen Körper hat?" (beziehungsweise auf das fiktive Wiederbelebungs-Beispiel angewandt "wenn er ihn gerade mal temporär nicht mehr hat").
Necroghoul7 schrieb:Wenn die Elfenmagierin ihren Vater auch gegen seinen mutmaßlichen Willen wiederbeleben würde, würde ich auf Rachegefühle („ich zeige dem mal, wie es ist, in die Welt gesetzt zu werden, ohne gefragt zu werden“) oder auf Egoismus („ich fühle mich ohne ihn allein und hilflos, also muss er für mich weiterleben, nicht um seiner selbst willen“) schließen. Es kommt also darauf an, was du warum darstellen willst und wie es sich in den Rest der Handlung einfügt.
Haha, gut extrapoliert - Rache und Egoismus sind zwei der größten Subthemen der Geschichte. Da wir hier jedoch vom Ende der Gesamthandlung reden, würde an dieser Stelle keines der beiden Motive mehr für die Elfe passen:
Was Rache angeht, so verbringt sie den Großteil der Handlung damit, dem Prota seine eigenen Rachegelüste auszureden. Am Ende darf er sie dann zwar mal im Gegenzug von einem eigenen Racheakt abhalten (u.a. dadurch kann er seine Charakterentwicklung unter Beweis stellen). Aber diese Handlung richtet sich nicht gegen die Eltern der Elfe.
Erst recht nicht gegen ihren Vater, den sie immer wiederbeleben wollte - das ist ja deshalb ihre Motivation, weil sie ihn eher nostalgisch verklärt. Sich an ihm zu "rächen", indem sie ihn zurück ins Leben zwingt, käme ihr also nicht in den Sinn.
(Musste gerade allerdings an Michael Schultes "You Let Me Walk Alone" denken, in dem er ja über seinen verstorbenen Vater singt und mit dem er für Deutschland beim ESC 2018 den vierten Platz geholt hat. Ich weiß noch, als der Song herauskam, haben einige den Titel als Vorwurf verstanden.)
Auf ihre Mutter derweil ist die Elfe deutlich schlechter zu sprechen (aber nicht weil sie sie in die Welt gesetzt hat, sondern hauptsächlich wegen der vulnerabel-narzisstischen Verhaltenstendenzen ihrer Mutter). Die lebt allerdings noch, und täte sie es nicht mehr, wäre die Elfe wahrscheinlich eher froh, sie nicht mehr in ihrem eigenen Leben zu haben, als Rachegefühle ihrer Mutter gegenüber zu empfinden. Wäre ihre Mutter tot und die Elfe würde sie "ins Leben zurückzwingen"... damit würde sie sich wahrscheinlich selbst den größeren Bärendienst erweisen als ihrer Mutter.
Was Egoismus angeht: Das ist für die Elfe ein wunder Punkt. Ihre Mutter hat ihr immer wieder weisgemacht, sie sei eine Egoistin - hauptsächlich deshalb, weil sich die Elfe voll und ganz der Magie und damit ihrem Vorhaben gewidmet hat, ihren Vater wiederzubeleben, wobei sie alles andere ausgeblendet hat (Tunnelblick).
Der "Breaking Point" der Elfe im vierten Teil im Hinblick auf diesen Konflikt passiert, als sie in einer schicksalhaften Nacht einen Schritt tut, den man eigentlich als verantwortungsvoll / reif / erwachsen bezeichnen kann - nämlich sich ihrer größten Furcht zu stellen - dadurch jedoch nicht für ihre beste Freundin da sein kann, während die ihrerseits ihre dunkelste Stunde durchlebt.
Es ist nicht so, als bekäme die Elfe überhaupt nichts davon mit - es zeichnet sich ab, aber sie vertröstet ihre Freundin auf den nächsten Morgen. Als der nächste Morgen kommt, hat die beste Freundin sich vom Turm der Akademie gestürzt - aufgrund der Last der Schuld, die sie mit sich herumgetragen hat und sich von der Seele reden wollte.
Die Elfe sieht also an diesem Punkt die Weltsicht ihrer Mutter bestätigt: Ihr Egoismus, der eigentlich dazu diente, den Tod ihres Vaters rückgängig zu machen, hat nun den Tod ihrer Freundin erst mit herbeigeführt.
Jetzt sind aber auch manche wiederum der Ansicht, Selbstmord sei eines der egoistischsten Dinge, die man tun könne. Ich beziehe dazu keine eigene Position, aber andere Charaktere in der Geschichte tun es natürlich. Die Logik dahinter ist, dass man nur noch an das Beenden des eigenen Leids denkt, ohne an das Leid zu denken, das man damit jenen zufügt, die einem nahestehen - inklusive derer, die man selbst erst zu einem Teil seines Lebens gemacht hat (Freunde und Partner etwa, wohingegen sich z.B. seine Eltern und Geschwister ja niemand aussucht).
Vor dem Hintergrund der "Leben ist Leid"-Perspektive drehe ich für meine Elfe im Moment der finalen Konfrontation das klassische "Heldenopfer" auf den Kopf: Anstatt ihr Leben zu opfern, um das anderer zu retten, schlägt sie die Versuchung des untoten Antagonisten aus, schmerzlos das Leid ihres eigenen Lebens zu beenden - trotz allem, was sie bereits durchgemacht hat und was sie immer noch heimsucht.
Würde sie an der Stelle das Angebot des Antagonisten annehmen, würde der das als Bestätigung sehen, dass er auch alle anderen von ihrem sterblichen Leid "erlösen" muss. Mit anderen Worten: Dann würde sie alle anderen für ihr eigenes Wohlbefinden opfern.
Statt dem "egoistischen" Freitod (der hier der Weg des geringsten Widerstands wäre, weil völlig schmerzfrei)
ist also das Selbstloseste, was sie am Ende tun kann, weiterzuleben zum Wohl aller anderen - obwohl sie selbst das eigentlich gar nicht mehr will. Sie opfert nicht ihr Leben - sie opfert ihren Tod.
Ich denke, damit ist klar, warum eine Wiederbelebung ihres Vaters aus egoistischen Gründen das Letzte ist, was ich die Elfe am Ende der Geschichte tun lassen kann. Das wäre wie bei Game of Thrones, wenn...
- Game of Thrones Season 8:
...Jaime zu Cersei zurückrennt und damit mal eben seine gesamte Charakterentwicklung rückgängig macht.
Necroghoul7 schrieb:Du könntest dieses Problem natürlich auch umschiffen, indem die Wiederbelebung nur in den Fällen funktioniert, in denen der Verstorbene auch zurück ins Diesseits will bzw. sein Geist noch irgendwie in der Welt verhaftet ist.
So funktioniert es tatsächlich bei D&D (bzw. zumindest im 3.5er-Regelwerk war es so). Und da meine Geschichte ja D&D-basiert ist, war das auch der Grund, warum "Die Toten wollen nicht zurückkehren" lange Zeit die Erklärung war, warum es technisch nicht machbar ist. Das "Nicht-Wollen" war dann eben bloß kategorisch, nicht individuell verschieden wie bei D&D.
Die thematische Aussage ließe sich auch damit machen - tatsächlich ist das ja ein Gedankenexperiment von Schopenhauer, ob irgendjemand, der am Ende seines Lebens ehrlich mit sich ist, sich entscheiden würde, alles nochmal von vorne zu durchleben. (Das ist nicht gleichbedeutend mit "würdest du irgendetwas anders machen?", sondern entspricht konkret eher der Frage "Möchtest du das gerade beendete PC-Spiel jetzt direkt noch einmal ganz von vorne starten?"
)
Aber es stellt die Charaktere eben nicht vor eine Entscheidung, bei der sie mit ihrem internen Konflikt hadern müssen: "Die Toten wollen nicht zurückkehren, daher geht es nicht" wäre bloß eine externe, vom Plot gelieferte Antwort auf eine vorher etablierte Frage. Ihre Charakterstärke können sie dagegen deutlich besser zeigen, wenn sie bekommen, was sie immer geglaubt haben, zu wollen.
Ich denke da analog an Dumbledores "Sicherheitsmechanismus" aus dem ersten Harry Potter-Teil, wo man den Stein der Weisen nur erhalten konnte, wenn man ihn zwar finden, aber nicht benutzen wollte.
Necroghoul7 schrieb:Zu deinen Gründen, weshalb die Elfenmagierin ihr Ziel aufgibt:
1. Auch wenn sie und der Antagonist nun das Leben für leidvoll halten, würden sie dem Vater das überstülpen, wenn sie für ihn mitentscheiden. Vielleicht sieht er es ja anders. Also widerspricht das der Motivation von 2..
2. Das kannst du darstellen, indem du den Vater irgendwie ein Zeichen oder eine Reaktion oder ein paar Sätze von sich geben lässt, die seine Tochter versteht.
3. Der Vergleich mit dem Protagonisten klappt nur, wenn sie ihre selbstgewählte Bestimmung ebenfalls als Irrweg erkennt – und nicht nur aufgibt, damit sie „quitt“ sind.
1) Da sind wir wieder bei der Frage, ob man für jemanden "mit-entscheiden" kann, der zum aktuellen Zeitpunkt keinen eigenen Willen hat. An der Frage könnte ich mittlerweile einen kompletten fünften Teil meiner Geschichte festmachen - nämlich falls wie beschrieben der Prota den Wiederbelebungs-Zauber nutzen würde anstelle des Vaters der Elfe.
Der Prota kann zwar sein explizites Einverständnis geben, solange er lebt - aber ist die Person, die dann in dem neu erschaffenen Körper aufwacht, dieselbe, die ihr Einverständnis gegeben hat? Oder bloß jemand mit demselben Namen, derselben Persönlichkeit und denselben Erinnerungen? Wie gesagt, ich würde denken, das Bewusstsein müsste das Gleiche sein, wenn die neuronale Struktur die Gleiche ist.
Woraus aber die Frage folgt: Was würde passieren, wenn die Elfe den Zauber zweimal hintereinander wirken und dadurch ihren Vater oder den Prota doppelt neu erschaffen würde? Star Trek hat diese Gedankenspiele ja analog mit dem Transporter durchexerziert, wo ebenfalls Menschen Atom für Atom neu zusammengesetzt werden.
2) Das würde voraussetzen, das irgendetwas von seinem Bewusstsein auch ohne seinen Körper existieren kann, sodass sie mit ihm reden kann. Verträgt sich wie gesagt eigentlich nicht mit meinem Worldbuilding. Ich hatte allerdings einen optionalen Moment, wo die Elfe mit der Seele ihrer besten Freundin spricht, nachdem letztere Selbstmord begangen hat (der Antagonist belebt die Seele wieder, weil die Elfe sich ihre Freundin zurückwünscht). Wäre aus Sicht der Charakterzeichnung hochinteressant (wer fühlt sich jetzt eigentlich für was schuldig, wer glaubt, den schlimmeren Fehler begangen zu haben etc.). Aber irgendwo setzt der Welt-interne Realismus den metaphorischen Überlegungen auch Grenzen.
Momente wie "Warum ist Jack am Ende von Titanic nicht einfach mit auf die Tür geklettert (und ist da genug Platz oder nicht)?" würde ich gerne vermeiden - die werfen einen nur aus der Immersion heraus.
3) Völlig korrekt erkannt - genau das tut sie: Sie erkennt ihr Streben nach der Wiederbelebung ihres Vaters aber nicht nur deshalb als Irrweg, weil sie die "Leben ist Leid"-Perspektive vom Antagonisten lernt (und sich ihm bloß aufgrund seiner Methoden entgegenstellt).
Sondern vor allem muss sie einsehen, dass ihr Vater auf dieses fundamentale Problem ebensowenig eine Antwort hat wie sie selbst. Ihr unterbewusster Antrieb, warum sie ihren Vater überhaupt so sehnlich zurückhaben wollte - anstatt sich wie die meisten anderen damit abfinden zu können, dass alle Kinder ihre Eltern irgendwann zu Grabe tragen müssen - war, dass ihre Mutter ihr wiederholt den Eindruck vermittelt hat, die Elfe sei alleine nicht lebensfähig.
Der Mutter fehlte es allerdings meistens an Geduld, ihrer Tochter etwas beizubringen - und selbst wenn, da waren natürlich auch noch eine Menge Dinge, die sie nur von ihrem Vater hätte lernen können. Also schiebt die Elfe ihre eigene "Unreife" (sowohl den realen als auch den eingebildeten Teil davon) darauf, dass sie ihren Vater so früh verloren hat - und denkt sich, wenn sie ihn nur zurückholen könnte, würde alles wieder gut.
Diese Motivation ist natürlich unterbewusst, aber durchaus nah an der "egoistischen" Motivation dran, die du dir schon zusammenreimen konntest.
Das ist die Perspektive, die die Elfe am Anfang der Geschichte hat. Am Ende überwindet sie also zeitgleich ihren Egoismus und den Irrglauben, ihr Vater wüsste die Antworten auf ihre Probleme (nach dem Motto "Warum hätte er sie sonst in die Welt gesetzt?").
Necroghoul7 schrieb:Was die Lebensspanne des Protagonisten angeht, könntest du ihre Liebe zeigen, indem ihm die Elfe magisch zusätzliche Lebenszeit verleihen kann, indem sie sie von ihrer eigenen abzieht. Dann treffen sie sich in der Mitte oder sie lebt um so viel länger als er, wie sie noch etwas egoistisch bleibt. ;-)
Für sich genommen eine super Idee - vor dem Hintergrund meiner obigen Ausführungen siehst du aber mittlerweile wahrscheinlich, wie das dem Thema der Geschichte genau entgegenlaufen würde :Ihre eigene Lebenszeit zu verkürzen bedeutet, ihre eigene Leidenszeit zu verkürzen - und die des Protas zu verlängern, damit er länger bei ihr bleibt.
Gemäß der Prämisse meiner Geschichte wäre genau das die egoistische Entscheidung - wohingegen die selbstlose darin bestünde, ihrer anderen Freunde zuliebe auch dann weiterzuleben, wenn ihr Partner in Anbetracht seiner kurzen menschlichen Lebensspanne bereits tot ist.
Verlängerung der Lebenszeit des Protas passiert natürlich auch, wenn sie den Prota wiederholt wiederbelebt - mit seinem vorher zu Lebzeiten gegebenen Einverständnis. Das könnte jetzt eben der Plot für einen gesamten Teil 5 werden. Leider sehe ich keine Möglichkeit, wie das nicht tragisch endet. Der Irrglaube am Anfang wäre dann "Aber es ist doch in Ordnung, wenn der Wiederbelebte sein explizites Einverständnis gibt?" Ja, das ist besser als ein "aufgezwungenes" Leben - ändert aber nicht die Tatsache, dass man am Ende trotzdem für alles verantwortlich ist, was dem Menschen zustößt, den man "erschaffen" hat.
Das reine Verkürzen der Lebenszeit der Elfe - ohne Verlängerung der Lebenszeit des Protas - hatte ich zwischenzeitlich mal angedacht. Da führte eine telepathische Verbindung dazu, dass, wenn einer von beiden stirbt (und damit seine Seele ausgelöscht wird), dasselbe auch mit dem jeweils anderen Partner passiert. Die telepathische Verbindung gibt es immer noch - nur nicht mehr das "stirbt der eine, stirbt auch der andere". War mir ein wenig zu kitschig, dieses "wir sterben auf jeden Fall gemeinsam".
Necroghoul7 schrieb:Du schreibst, dass du kein kitschiges Ende willst. Eigentlich sollte sich das passende Ende aus der Dramaturgie so ergeben, dass es am Ende passend und nicht aufgesetzt wird. Wie sind deine Figuren angelegt, tragisch oder auf happy end oder …? Das Ende kann auch zu ihren Charakteren oder Aufgaben passen (z. B. Dass das gute Ende nur möglich wird, indem die Elfe ihre Einstellungen ändert und alles in anderem Licht sieht, auch das Leid als sinnvoll erachtet o. ä.).
Ich würde sagen, ich bin generell ein Fan von einer "Nobledark"-Sicht: Die Welt ist grausam, aber die Menschen sind gut (bzw. bemühen sich zumindest stets um ihr Bestes).Wenn sie anderen Schaden zufügen, dann meist nur, weil sie selbst in irgendeiner Form leiden. Um einen willkürlichen Punkt in die Kausalkette einzufügen, wo das Leid nicht mehr als Erklärung taugt für den Schaden, den jemand verursacht - mit anderen Worten: wo man denjenigen als selbstverschuldet "böse" betrachten könnte - braucht es den Glauben an einen freien Willen. Dafür sehe ich aber nach dem aktuellen Stand der (Neuro-)Psychologie nur noch wenig Anhaltspunkte.
Passt übrigens auch sehr schön zu den Schreibvideos von Abbie Emmons, die ihre Tipps immer wieder mit der Funktionsweise des Gehirns verknüpft und bspw. Zwickmühlen für die Charaktere als Entscheidungen "pain vs. pain" definiert, aber auch den gesamten Handlungsverlauf als "cause and effect". Klingt soweit alles sehr deterministisch.
Wie sie trotzdem z.B. am Breaking Point eines Charakters postulieren kann, der Charakter sei "selbst schuld an seiner Lage", erschließt sich mir allerdings nicht ganz. Vielleicht hat sie genauso viel Dennett und anderen Kompatibilisten zugehört wie manche meiner Kollegen.
"Leid als sinnvoll erachten" ist so eine Sache. Die Frage, die sich daraus für mich zwangsläufig ergibt, ist: Sinnvoll wofür? Egal, welche Antwort jemand darauf liefert (und es gibt eine Menge): Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man immer weiter nachbohrt mit "Warum? Warum? Warum", wie ein begriffsstutziges kleines Kind, kommt man irgendwann wieder bei "Wohlbefinden" (Summe von Freude + Leid) an.
Beispiel: Wofür ist Leid gut? --> Damit man daran wachsen / reifen kann. --> Warum sollte man wachsen / reifen? --> Um zu verhindern, dass man in Zukunft noch mehr leidet.
Und schwupps - schon hat man einen Zirkelschluss.
Necroghoul7 schrieb:Es gäbe noch die Möglichkeit, dass die Elfenmagierin den Zauber nur einmal erfolgreich meistern kann und sich dann zwischen ihrem Vater und ihrer Liebe entscheiden muss. Quasi der Vergangenheit oder der Zukunft. Wäre das bittersüß genug?
Bittersüß genug auf jeden Fall, und auch ein Analogon der Entscheidung des Protas (Drache töten ODER "Jungfrau retten", nicht beides
).
Wobei gerade diese Doppelung den Ausgang dieser Entscheidung vielleicht ein wenig zu vorhersagbar macht.
Insbesondere in Kombination mit den Erkenntnissen, die der Prota im Laufe seines Weges darüber sammelt, welche Qualitäten er entwickeln muss, um als ihr romantischer Partner zu taugen.
Konkret heißt das, er muss dafür sorgen, dass sie bei ihm genau die Qualitäten findet, die sie eigentlich bei ihrem Vater sucht.
Ich will jetzt nicht sagen, meine Elfe hat "Daddy Issues"...
Aber alle anderen Erklärungen wären bloß eine evolutionär ausuferndere Variation davon.