von Incendium Mo Jan 04, 2016 1:20 pm
Die Luft im Ballsaal war übersättigt mit Duftwasser und Ghalleon hatte das Gefühl jeden Moment zu ersticken. Den Trend, sich möglichst kostspielig und pompös zu parfümieren hatte er noch nie verstanden. Für ihn gab es nur einen wahren Duft: Den des Blutes und des Schweißes - den Duft des Siegers.
Zusammen mit seiner Gemahlin bahnte er sich seinen Weg durch den zunehmend betrunkener werdenden Hochadel, schüttelte Hände und tat so, als würden ihm die herzhaften Begrüßungen und Adligen etwas bedeuten. Dabei stets darauf bedacht nur durch den Mund zu atmen.
Auch dieses Jahr hatte Graf Hargam keine Kosten und Mühen gescheut: Schwere weinrote Samtvorhänge schmiegten sich an die hohen, vergoldeten Fensterfassaden, kristallene Kronleuchter hingen von der Decke und an den Wänden hingen aufwendigste Wandteppiche. Das Buffet zog sich durch den gesamten Ballsaal und winkte mit exotischen Speisen, von fernen Kontinenten. Untermalt wurde das Ambiente durch Gesangseinlagen, gesungen aus den kostbarsten Kehlen des Landes, auch wenn Ghalleon keinen einzigen dieser Sänger namentlich kannte.
Er versuchte den Hass, den er empfand, so gut es ging zu verbergen und durchforstete mit emotionslosem Blick die Menge nach dem Erzmagier. Schwer zu finden war er nicht, denn der Orden besaß strikte Kleiderordnungen und so waren er und seine Gruppe Untergebener die Einzigen, welche lange Roben trugen.
Gerade wollte Ghalleon sich in Bewegung setzen, aber eine nur allzu vertraute Stimme hielt ihn auf:
»Ach, der Herr General - Zu Befehl!«, mit einer gespielt überzogenen Geste salutierte Graf Hargam vor ihm. Er war schon deutlich angetrunken und Ghalleon mahlte mit den Zähnen, angesichts des mangelnden Respekts ihm gegenüber.
»Graf Hargam«, er deutete kaum merklich eine Verneigung an und wollte seinen Weg fortsetzen, aber der Graf ignorierte seinen Versuch und redete unbeirrt weiter:
»Ich hoffe die Reise war nicht allzu beschwerlich? Sicher nicht! Die Straßen meines Herrschaftsgebietes sind, wie bekannt im besten Zustand! Habt Ihr schon die Pirinischen Austern probiert? Sie sollten unbedingt einmal...«
Ghalleon hörte gar nicht mehr zu und nickte nur noch automatisch. Ein Schatten auf der Galerie hatte ihn aufmerken lassen. Scheinbar könnte der Ball doch noch ein wenig interessanter werden, schoss es ihm durch den Kopf. Solche nachtblauen Haare hatte er er bisher nur einmal gesehen, und zutrauen, dass sie ihn verfolgte, würde er es der vorlauten Halbblutgöre allemal.
Dann sah er auch noch einen Stab hinter einer Vase aufragen. Dieser Idiot nahm diesen Stock scheinbar wirklich überall mit hin.
»...und dementsprechend halte ich es für sinnvoll, dass man durchaus mehr Frauen, als eine ehelichen können sollte, nicht wahr?« Ghalleon wischte sich den Sabber der feuchten Aussprache seines Gegenübers aus dem Gesicht bevor er antwortete: »Absolut.«
»So kenne ich meinen General!« Dann klopfte ihm Hargam endlich viel zu freundschaftlich auf die Schulter und torkelte davon.
Als Ghalleon nun dann noch seine Gemahlin hinfortkomplimentiert hatte, konnte er sich nun endlich von der feierwütigen Menge entfernen, hinauf auf die außer von triebgesteuerten Pärchen ungenutzte Galerie. Dort erblickte er die zwei ungebetenen Gäste hinter der Ballustrade kauernd und im flüsterton miteinander streitend.
Eigentlich hatte Ghalleon vor sich anzuschleichen, was allerdings weniger seine Stärke war. Das hellhörige Weib bemerkte ihn beinahe sofort und wandte den Kopf zu ihm um. Auch der Novize hatte ihn nun bemerkt.
»Verzeihung,« hob der General spöttisch an, »mir war nicht bekannt, dass ihr beiden auch auf der Gästeliste steht.«