marismeno schrieb:Hm, von diesen "Gesetzen" kann ich nur das erste spontan nachvollziehen. Vielleicht liegt das an einer etwas sperrigen Übersetzung. Oder an meinem Nichtwissen über Rollenspiele und die dazu gehörigen Prozesse.
Fred Erikson schrieb:1. Die Fähigkeit des Autors einen Konflikt mit Magie zu lösen ist direkt proportional zum Verständnis des Lesers von der Magie.
Meine Fähigkeiten als Autorin (im Umgang mit egal welchem Stilmittel) ist -meine ich- nicht unmittalbar abhängig von der Kenntnis des Lesers von diesem Stilmittel. Natürlich muss ich mich als Autorin aber mit Sprache, Stilmitteln, Genreklischees usw. immer nach den bekannten oder nur (hoffentlich realistisch) vermuteten Voraussetzungen, Wünschen und Fähigkeiten (da meine ich Snob die intellektuellen. Tut mir Leid, aber da gibt es mMn eine große Bandbreite) der Zielgruppe richten. Mein Mann zum Beispiel ist nicht interessiert und in der Lage, eine phantastische Prämisse bei seiner Lektüre zu akzeptieren. Gegensätze ziehen sich an. Demnach sind also meine Optionen zur Anwendung von Stilmitteln vom (unterstellten) Verständnis des Lesers abhängig, nicht aber meine Fähigkeiten. Die können absolut davon abweichen, nur ist es von Fall zu Fall nicht ratsam, alles aufzufahren was ich beherrsche, wenn der Leser damit nichts anfangen kann.
Für das erste Gesetz geht es nicht wirklich darum, wie gut der Autor schreiben kann. Es ist viel wichtiger, wie gut er seine Magie
erklärt, bevor er damit etwas anstellt. Der Leser, der ein Fantasybuch in die Hand nimmt, akzeptiert Magie als etwas, das einfach
ist. Das ist nicht das Problem, und muss auch nicht lang und breit erklärt werden.
Das erste Gesetz bezieht sich darauf, wie gut etabliert die Grenzen der Magie sind, und wie natürlich eine Problemlösung durch diese Magie innerhalb der Geschichte wirkt. Wenn jemand ein Magiesystem hat, das von Anfang an klar definierte Regeln hat ("Menschen können nicht fliegen"), dann kann er nicht am Ende hingehen und einen fliegenden Menschen aus dem Hut zaubern, der die gefangenen Helden aus dem Turm im Schloss des Bösewichts befreit. Besagte Helden
können sich natürlich mittels Magie befreien, sind dann aber an das gebunden, was der Autor bis dahin als die Magie in seiner Welt erklärt hat.
Wenn der Autor aber ein Magiesystem hat, das eher schwammig daherkommt, und mal hier, mal da ausgebaut wird, wie es gerade passt, dann kommt man schnell an einen Punkt, wo der Leser sich denkt "Ach ja, klar, Magie kann jetzt also auch das". Der berühmte Deus ex machina. Deshalb sollte man aufpassen, bei einem so unklaren System nicht ständig auf "Und dann passierte Magie, und alles war wieder gut!" zurückzugreifen.
marismeno schrieb: Fred Erikson schrieb:2. Grenzen > Macht
Das verstehe ich nun gar nicht. Wessen Grenzen? Wem sollen diese Grenzen Macht geben? Und warum?
Ist damit gemeint, dass die Grenzen der Magie auch die Macht der Magier einschränken? Dann wäre das für mich eine logische Konsequenz, so selbstverständlich, dass man das gar nicht zu erwähnen braucht. Wäre aber als "Gesetz" sehr uneindeutig formuliert.
Das meint bloß, dass es interessanter ist, Charaktere dabei zu beobachten, wie sie sich innerhalb der Grenzen des Magiesystems zurechtfinden, als einen Magier zu haben, der im Prinzip allmächtig ist. Erstere müssen Hindernisse überwinden, letzterer schnippt mit den Fingern und seine Probleme lösen sich in Luft auf.
marismeno schrieb: Fred Erikson schrieb:3. Erweitere zuerst das, was du hast, bevor du etwas Neues hinzufügst.
Das kann jetzt aber wirklich nur auf Rollenspiele angewandt werden, oder? Als Autor bin ich der Schöpfer der Welt, in der meine Geschichte spielt. Ich lege ihre Realität und damit auch das Magiesystem fest. Da brauche ich nichts zu erweitern. Ich sage einfach "Es ist so!", und dann gilt es. Oder habe ich diese Gesetze missverstanden? Liegt das an meinen eingeschränkten Englischkenntnissen?
Ich meine, dass diese Regeln nur die gemeinsame Verwendung eines Fantasy-Settings durch mehrere "Autoren" betrifft, wie es eben in Rollenspielen der Fall ist. Oder in Autorenteams, die an derselben Welt schreiben. Ein einzelner Autor ist in der Hinsicht kaum gebunden, abgesehen davon, dass er natürlich seine eigenen Prämissen und Grenzen einhalten muss, damit die Geschichte funktioniert.
Nein, das ist auf alle Texte mit Magie anwendbar. Die Idee ist, nicht für alles eine Form der Magie zu erfinden. Ich schiele mal vielsagend in Richtung Harry Potter, mit seinen grotesk spezifischen "Spül das Geschirr"- und "Reparier die Brille"-Zaubern. Als Faustregel sollte man auch beim Erstellen eines Magiesystems eher sparsam agieren. Lieber eine oder zwei Arten von Magie festelegen, und sich dann überlegen, was man damit alles anstellen kann. Sagen wir, du hast Nekromantie in deiner Geschichte, die in der Lage ist, Knochen zu manipulieren und so den klassischen Skelettdiener zu erschaffen. Was kann man damit noch machen? Knochenbrüche heilen? Querschnittsgelähmten dabei helfen, wieder gehen zu lernen? Zähne richten? Kunst- und Gebrauchsgegenstände aus Knochen anfertigen? Das ist wesentlich "ordentlicher" und leichter zu managen, aus Sicht des Autors
und des Lesers, als für jedes dieser Dinge eine eigene Art von Magie zu erfinden, mit allem was dazu gehört.
Daran anschließend geht es auch darum, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Sprich, erfinde nicht ständig neue Magie, aber vergiss dann, zu erklären, wie die Welt damit umgeht. Nimm den Beispielnekromanten. Wie baut sich eine Gesellschaft um die Existenz dieser Form von Magie auf? Wie sieht der Totenkult aus? Das Gesundheitswesen? Wie angesehen (oder gefürchtet) ist ein Nekromant in dieser Welt?
Kurz gesagt, meistens ist das Endprodukt interessanter, wenn man sich auf einige wenige Aspekte von Magie beschränkt, aber über diese mit allen ihren Konsequenzen nachdenkt und daraus eine Geschichte macht.
Die urspünglichen Texte zu diesen Gesetzen (zu finden hier:
eins,
zwei,
drei) sind wirklich lesenswert, wenn man des Englischen mächtig ist. Man kann sich nicht nur Ratschläge über den Umgang mit Magie abholen, sondern wird auch dazu angehalten, über die weiteren Konsequenzen nachzudenken, die es hat, wenn man eine Welt annimmt, in der Magie existiert. Die Übersetzung/Zusammenfassung lässt es wirklich klingen, als seien diese Regeln nur für Dungeons and Dragons da, aber jeder, der Fantasy in irgendeiner Form produziert, kann davon profitieren, sie sich mal durchzulesen.