uhdrapur schrieb:Ich glaube wirklich, dass Einzelpersonen unwichtig und austauschbar sind.
Danke.
Je mehr ich über diese Thematik nachdenke, umso überzeugte bin ich davon, dass deine Aussage wahr ist.
Ich hatte ursprünglich mit dem Gedanken gespielt, diese Technologie in wirtschaftlich/machtpolitischen Kontext zu setzen. Aber ich komme immer wieder darauf zurück, dass es sinnvoller ist, eine neue Person nach seinen Idealen aufzuziehen, anstatt die eigene Vorstellung von einer historischen Person ins Leben zurückzuholen und dann darauf zu hoffen, dass sie so ist, wie man es erwartet. Zu viel Risiko.
Das mit Adam...
Das wäre ziemlich witzig.
Wobei ich gerade hierbei überlege, wie das mit Figuren wäre, die entweder komplett fiktional sind oder wenigstens historisch fragwürdig. Und schon eröffnet sich ein komplett neues Betrachtungsfeld: die Unterhaltungsbranche. Romanfiguren zum Leben erwecken. Charaktere aus Videospielen in unsere Wirklichkeit holen. Ein Traum für Themenparks. Oder das Rotlicht-Gewerbe.
Oh, den Kern hast du getroffen, uhdrapur. Klare Ausführung deiner Gedanken, die mich ein gutes Stück weitergebracht haben.
PeryRhodan schrieb:Vielleicht eine Person der Wissenschaftsgeschichte, die ihrer Zeit weit voraus war
Ich verstehe den Punkt. Wenn ich das weiterspinne und inhaltlich bleibe, dann würden wir eine historisch unterschätzte oder unbeachtete Person zurückholen, die sich durch ihren Intellekt auszeichnen konnte. Oder eben nicht. Wo läge hierin der Vorteil für das Jetzt?
Denn was wir dann auch hätten, wäre eine Person, die uns mit ihrem vergangenen Wissen vermutlich nichts Neues erzählen kann und erst den neuesten Stand der Erkenntnis studieren müsste, um einen signifikanten Eindruck zu hinterlassen.
Mag sein, dass ich mich auch schon auf eine Antwort eingeschossen habe.
Geht es um eine einzigartige Denkweise oder Fähigkeit zur Problemlösung und Strategiefindung? Dann wieder die Frage, wie einzigartig kann eine Denkweise sein, wenn wir von einer milliardenschweren Weltbevölkerung ausgehen?
Auch hier wäre ich geneigt zu sagen, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, an einer beliebigen Universität einen entsprechend kreativen Kopf zu finden. Oder ganz woanders. Und im besten Fall ist dieser kreative Kopf noch jung, hat sich womöglich eine Art kindliche Betrachtungsweise der Welt bewahrt und hat dennoch einen Einblick in die schöne neue Welt.
PBard schrieb:Rein logisch gesehen ergibt es also eigentlich null Sinn
Yeah.. agree
Deine Aussage passt in den klarer werdenden Konsens und bestätigt meine Gedanken dazu, dass persönliche Gründe hier eine tragende Rolle spielen. Welchen Ursprung diese persönlichen Motive dann auch immer haben. Da bleibt dann doch noch ein wenig Spielraum.
PBard schrieb:Und DAS ist der Grund, warum ich persönlich gar nicht erst drüber nachdenken würde, diese Möglichkeit zu nutzen.
Und DAS ist genau der Grund, weshalb ich erst recht darüber nachdenke, sowas in meine Story einzubauen.
Auch oder gerade wegen der Distanz zwischen deiner Aussage dazu und der von uhdrapur.
In Fallout4 geht eine Paranoia durch die Menschen, weil sie befürchten, von synthetischen Menschen ersetzt zu werden. Die einen haben Angst davor und wollen alle Synths zur Strecke bringen, die anderen erkennen diese künstlichen Personen als eigenständige Individuen an und wollen sie unter allen Umständen beschützen.
Okay. Stand jetzt:
Möglichkeit 1: Das Konstrukt bleibt ein Unikat, auf das es wenige Parteien abgesehen haben, die ihre persönlichen, egoistischen, narzisstischen Ziele damit verfolgen.
Emotionales. Ungeachtet aller möglichen Probleme oder den Auswirkungen, sollte das Konstrukt sich über die eigene Künstlichkeit bewusst werden, soll ein geliebter verstorbener Mensch zurück geholt werden.
Unsterblichkeit. Die Übertragung der eigenen digitalisierten Persönlichkeit auf das Konstrukt kommt dem am nächsten, was man unter ewigem Leben versteht. Quasi ein Versionswechsel auf Mensch 2.0.
Wer es kennt: Das DOS-Spiel Albion von 1995 hat eine ähnliche Mechanik für eine indigene Rasse auf einem fremden Planten. Dort kann ein Erwachsener durch spezielle Magie seinen Geist in den Körper eines Neugeborenen transferieren. Diese Person erhält dann einen Titel, der angibt, wie oft dieses Ritual durchgeführt wurde. Wie oft also eine Neugeburt stattgefunden hat. Spannendes Konzept.
Einflussnahme. Nur ein allgemeiner Gedanke, der die Idolisierung einer Person ins Zentrum rückt. Nutzung des Konstrukts als Identifikationsfigur einer Marke, als politisches Symbol oder religiöse Wiedergeburt.
Besonders der spirituelle Gedanke scheint mir hier interessant. Im Kontext einer hochtechnologisierten Cyberpunk-Welt, mag eine Rückkehr zu religiösen Werten einen gewissen Reiz haben. Besonders charmant, wenn die Quelle dafür aus einer hochgradig korrupten Institutionsführung stammt, die sich nur allzu gerne an solchen Technologien bedient.
Möglichkeit 2: Das Konstrukt, obwohl ein Prototyp, kann einfach kopiert werden und soll Grundlage für ein breit gefächertes Einsatzgebiet genutzt werden.
Unterhaltungsbranche. Vielfältige Möglichkeiten. Wie oben erwähnt aber stark für Themenparks, als (Stunt-)Doubles für Originalschauspieler oder für gleichzeitige Aufführungen an verschiedenen Orten. Stichwort Gewinnmaximierung, wenn das "Original" an mehreren Orten gleichzeitig ist. Gutes Verkaufsargument.
Menschenhandel mit all seinen Facetten. Nahezu selbsterklärend. Geht alles in die dunklen Bereiche der Gesellschaft. Anstatt das Original zu entführen, kann man ihn einfach künstlich kopieren und dann gegen entsprechende Bezahlung an "interessierte" Individuen verkaufen. Neues Kriminalitätsfeld, illegales Cloning.
Mensch zweiter Klasse. Als Folge der weiteren Entwicklung besteht die Möglichkeit einer Emanzipation der künstlichen Menschen. Das gibt einen ganz neuen Erzählstrang und zielt auf eine Rückblende auf den Kampf um Menschenrechte. Für mich gerade mal zu umfangreich. Modernes Sklaventum. Jeder Haushalt, der etwas auf sich hält, besitzt wenigstens einen künstlichen Menschen. Man kann sich quasi Menschen shoppen gehen. Wozu diese dann gebraucht werden, bleibt den "Besitzern" dann ja selbst überlassen.
Sicherheit. Das geht in Richtung Klonarmee von StarWars. Allerdings wäre es vermutlich effizienter, tatsächlich Menschen zu klonen, anstatt sie erst künstlich zu erschaffen und sich so zusätzliche, mechanische Probleme zu erschaffen. Außer die Sicherheitsklone haben unleugbare Vorteile gegenüber echten Menschen. Wobei ich von diesem Punkt noch nicht überzeugt bin. Ich sehe die Kontroverse Diskussion in den Medien, die sich darüber zerreißen, ob die Sicherheit echter Menschen in die Hand von Klonen gelegt werden darf. (Aber Roboter sind okay, oder was?)
Irgendetwas davon wird seinen Weg in meine Geschichte finden. Ich tendiere gerade dazu, die Entwicklung in ein Anfangsstadium zu versetzen, in dem noch nicht klar ist, was überhaupt daraus wird. Medien schüren Angst, ähnlich wie wir heute teils mit den Robotern von BostonDynamics und Konsorten haben.
Mir gefällt weiter die Vorstellung, dass es ein Unikat ist und zu komplex, um einfach reproduziert zu werden. Da liegt der Unterschied zwischen einem LLM wie ChatGPT und einer künstlichen Intelligenz, die wirkliche, eigenständige, neue Gedanken entwickeln kann. In der Praxis mag der Unterschied marginal sein, aber für den Wissenden ein entscheidender Unterschied. Wo wir dann wieder bei persönlichen Motiven sind.
Mega gut!
Danke für eure Perspektiven auf das Thema.
Klingt, als wäre ich jetzt fertig hier, aber lasst gerne weiter philosophieren und Ideen spinnen.