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    "Diversität" in Fantasy

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    Beitrag von Viitori Sa Apr 11, 2020 5:56 pm

    Hi!

    Ich dachte mir, ich eröffne einfach mal einen Thread über dieses Thema, weil ich mich erst letztens darüber unterhalten hab. Und auch, weil mich interessiert, was andere so davon denken. Wenns so einen Thread schon gibt, bitte gerne löschen!

    Diversität ist ja ein Thema, das seit ein paar Jahren immer häufiger aufgegriffen wird, und das von allerlei verschiedenen Standpunkten aus. Ja, nein, wenn du's nicht tust bist du ein schlechter Mensch, wenn du's tust bist du ein elendiger Social Justice Warrior, und so weiter.
    Ich meine damit konkret diversität in Fantasy (jeglichen Sub-Genres), also in Sachen Hautfarbe/Herkunft, Geschlecht, Sexualität, Behinderungen, etc. Die ganze Schiene eben.

    Da gibts ja viele Meinungen dazu. Ob nun dicke, dunkelhäutige Meerjungfrauen realistisch sind, weil Wale auch Blubber haben und dunkle Haut vor den UV-Strahlen schützt; ob eine schwarze Heldin in einer mitteleuropäisch anmutenden Fantasywelt "fehl" am Platz ist oder ob man einfach seine eigenen Regeln für seine Welt macht und da Leute einfach munter vor sich hinexistieren lässt und es mit "Handelsrouten und Auswandern, halt" begründet.

    Meine eigene Meinung - Ich mag es nicht, wenn es offensichtlich erzwungen ist, um nicht als Rassist/Homophob/Sexist/etc dazustehen. Also, wenn die Figuren offensichtlich ihr "diverses" Merkmal als Eigenschaft haben. Selber würde ich sagen, dass meine Welten relativ divers sind. Aber auch nur, weils mir so mehr Spaß macht. Ich will nicht zeigen wie "progressiv" ich doch bin, weil ich dann, denke ich, selbst in dieses "Schaut wie divers meine Figuren sind, was, ich brauche auch ne Story? Beweggründe für ihr Handeln?" fallen würde. Ich merke, dass ich teilweise mit beiden Seiten anecke, also dass ich für manche Leute "zu PC-verseucht" und für andere "zu konservativ/sexistisch/etc" bin.

    Also - Wie handhabt ihr das? Macht ihr euch Gedanken um so was oder seid ihr auch eher der Typ, der es auf sich zukommen lässt? Und habt ihr in euren Werken eher "konservative" Charaktere (also, in diesem Sinne weiß/europäisch, hetero, nicht-behindert) oder ist euer Cast and Charakteren eher bunt gemischt?

    Und nur um klarzustellen - Ich verurteile keine persönliche Einstellung zu dem Thema. Also, bitte denkt nicht, dass dieser Thread aus irgendeiner hochnäsigen Einstellung heraus erstellt wurde! Bin nur neugierig!
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    Beitrag von Alandra Ossenberg Sa Apr 11, 2020 6:03 pm

    Vor einer Weile hatte ich einen Thread in der Richtung - war heiß diskutiert.


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    Beitrag von Neclus Mandarius Sa Apr 11, 2020 7:02 pm

    Viitori schrieb:Also - Wie handhabt ihr das? Macht ihr euch Gedanken um so was oder seid ihr auch eher der Typ, der es auf sich zukommen lässt? Und habt ihr in euren Werken eher "konservative" Charaktere (also, in diesem Sinne weiß/europäisch, hetero, nicht-behindert) oder ist euer Cast and Charakteren eher bunt gemischt?

    Well, ich versuche ja mein Universum komplett (na ja, soweit möglich ^^') logisch aufzubauen und die politischen/sozialen Entwicklungen passend nachzuvollziehen. Für mich ist das Universum inzwischen wichtiger als das Bücherschreiben, deswegen achte ich darauf, dass meine Bücher die Welt beschreiben und nicht meine Vorstellung vom Buch die Welt verändert.
    Ich versuche schon, diverse Charaktere zu haben, aber nur insoweit es in die kulturelle Umgebung passt. So gibt es bei meiner Wesenart der ijanture praktisch keinen Sexismus, Frauen und Männer sind absolut gleichberechtigt (andere Geschlechter werden bei ihnen nicht anerkannt), daher ist meine Hauptprotagonistin als Frau absolut kein Problem. Bei den Ländern außerhalb des Großen Waldes ausgenommen der zwei Zwergenreiche ist Sexismus aber sehr weit und stark verbreitet, dementsprechend kommen hier in meinem Buch keine weiblichen Wachen vor und auch bei allen Schmugglern etc. sind Frauen total selten und wenn, dann mussten sie sich für ihre Position sehr viel mehr anstrengen als Männer (bsp. eine Protagonistin, die Zwergenfrau Kwikli, die zu einer der führenden Personen des Widerstandes/der Schmuggler geworden ist).
    Homosexualität wird nur in der Zwergenstadt Ellast und dem fortschrittlichen Stadtstaat Coleramir anerkannt (in letzterem zumindest offiziell, das anhaltende Gedankengut aus dem Rest des Kontinents sorgt dafür, dass es weiterhin sehr ungerne gesehen ist), Gender-Fluidität ebenfalls. Die Situation ist in Ellast so freiheitlich, seitdem es dort eine(n) allseits beliebten König(in) gab, der/die selbst genderfluid war (die Anerkennung der Homosexualität war dann eher ein unbeabsichtigtes Nebenprodukt, was er/sie durchgesetzt hat, damit er/sie selbst heiraten konnte, obwohl er/sie zwischendurch halt effektiv homosexuell war).

    Na ja, ich glaube obiger Text reicht erstmal für die Beschreibung, wie ich das so mache ^^ Was Hautfarbe betrifft, ziehe ich mich elegant aus der Schlinge, indem ich nur in seltenen Fällen überhaupt eine Hautfarbe nenne. In Regionen mit schlechtem Wetter ist sie halt heller, in welchen mit praktisch dauerhaft Sonne dunkel; das können die Leser sich selbst erschließen. Nachdem auf meinen Welten inzwischen unzählige völlig verschiedene Wesenarten zusammenleben, ist der Rassismus in Bezug auf die Hautfarbe sowieso ziemlich zahnlos. Da stehen Menschen verschiedenster Hautfarben lieber zusammen, ehe sie gegenüber den Elfen, Elben oder Dshinn in der Minderheit sind. (Rassismus zwischen den Wesenarten ist hingegen je nach "Globalisiertheit" einer Region noch verbreitet, aber in den großen Handelsstätten praktisch nicht mehr vorhanden)

    Ansonsten habe ich versucht, in meinem letzten Buch immer wieder mal durch meinen Pseudo-Autor, den uralten Phoenix Neclus Mandarius, ein bisschen Gesellschaftskritik einzuwerfen. Ich schicke mal den Ausschnitt einer Neclus'schen Abschweifung aus dem siebzehnten Kapitel als Beispiel (der spoilert auch nicht ^^):
    Ein Phoenix über Sexismus:

    Entsprechend mein Rezept: Diversität im Rahmen der Umstände, aber deutlich machen, dass fehlende Diversität nicht meine Meinung ist -- sondern möglichst etwas Gesellschaftskritik daran knüpfen, sodass man sehen kann, wie absurd Vorurteile und Diskriminierung eigentlich sind. Durch Neclus fällt mir das hier natürlich etwas leichter, als wenn ich es nur aus der Perspektive eines Charakters dieser Umgebung erklären könnte.

    Viele Grüße
    Neclus


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    Beitrag von Roy Aal Sa Apr 11, 2020 10:33 pm

    Ich glaube, dass ich allgemein zu sehr der Kategorie „Unterhaltung“ schreibe, als über politisch- oder gesellschaftskritischen Themen und daher sagen muss, dass ich auf Diversität nie ein großes Augenmerk habe. Sicher hier und da mal kommt in einer erdachten Gesellschaft Diskriminierung vor, Reibereien zwischen zwei Kulturen wegen unterschiedlicher Ansichten, aber damit verfolge ich nicht das Ziel irgendetwas Bestimmtes beim Leser zu erreichen – geschweige denn eine höhere Botschaft zu kommunizieren. Höchstens unterschwellig durch meine eigenen moralischen Wertvorstellungen, aber wie gesagt, ohne initiales Ziel. In der Regel vermutlich auch ohne die Einteilung von richtig und falsch, sondern einfach als wertfreier Fakt dargelegt, dass … keine Ahnung, Zwerge immer von Elfen gemobbt werden, oder so. Eine Färbung passiert dann höchstens durch die Charaktere und da ist dem Leser immer vorbehalten, ob er der Meinung der Figuren zustimmt oder nicht. Damit meine ich, nur weil John Wick Rache für seinen ermordeten Hund übt und wir seine Beweggründe durchaus nachvollziehen können, muss ich als Außenstehender nicht seine Meinung teilen, dass es richtig die Waffen aus dem Keller auszugraben und ein Massaker zu starten. Verständlich, was ich meine? Very Happy

    Allgemeine Diversität empfinde ich nicht als Unfug. Es kann ja total spannend sein, eine bunt gemischte Welt vorzufinden. Gerade im Sci-Fi hat das oft was ziemlich Inspirierendes und Träumerisches für mich.

    Sollte ich allerdings ein Mittelalter-Setting haben und erzähle von einem kulturabgeschotteten Land im Norden und lasse urplötzlich einen Berater des Königs mit Cappuccino-Haut und schwarzen Haaren erscheinen, dann bricht für mich als Leser die Welt, wenn ich da nicht unmittelbar eine logische Erklärung bekomme, wie der Spanier bei den abgeriegelten Blondschöpfen gelandet ist.
    Ist das nachvollziehbar oder bin ich da eigen?

    Das einzige womit ich bewusst spiele, sind unterschiedliche Konzepte von Ehe und Partnerschaft in Fantasywelten mit verschiedenen gesellschaftlichen Ordnungen. Da liebe ich Fantasy und die Freiheit verschiedene Ideale und meine persönlichen Ansichten in erdachten Kulturen einfließen zu lassen. Welche Stellen kann ich schrauben? Gesellschaft, Religion, Geschichte, Familienbilder …

    Allgemein bin ich halt kein Weltenbauer, der sich Wesen, Gesellschaft usw. überlegt und welche Kultur wo rumrennt aus geologischer Sicht. Da bin ich viel eher Handlungsorientiert.

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    Beitrag von Crackle42 So Apr 12, 2020 11:50 am

    Roy Aal schrieb:Ich glaube, dass ich allgemein zu sehr der Kategorie „Unterhaltung“ schreibe, als über politisch- oder gesellschaftskritischen Themen und daher sagen muss, dass ich auf Diversität nie ein großes Augenmerk habe. Sicher hier und da mal kommt in einer erdachten Gesellschaft Diskriminierung vor, Reibereien zwischen zwei Kulturen wegen unterschiedlicher Ansichten, aber damit verfolge ich nicht das Ziel irgendetwas Bestimmtes beim Leser zu erreichen – geschweige denn eine höhere Botschaft zu kommunizieren. [...]

    Allgemeine Diversität empfinde ich nicht als Unfug. Es kann ja total spannend sein, eine bunt gemischte Welt vorzufinden. Gerade im Sci-Fi hat das oft was ziemlich Inspirierendes und Träumerisches für mich.

    [...]

    Allgemein bin ich halt kein Weltenbauer, der sich Wesen, Gesellschaft usw. überlegt und welche Kultur wo rumrennt aus geologischer Sicht. Da bin ich viel eher Handlungsorientiert.
    This!
    Letzterem mag sich unterscheiden, ich bin genauso wenig Welten- sondern vielmehr Personen- und Handlungsbauer. Meine Geschichte soll genauso, weil sie zur Rubrik Fantasy gehört, zur Unterhaltung beitragen und ich orientiere mich an dem typischen mittelalterlichen Fantasy Setting, wo Diversität schlichtweg keinen Platz hatte, weil man ums Überleben kämpfte. So ist das bei mir genauso, ich habe eine permanente Bedrohung, gegen die Männer und Frauen kämpfen müssen. Hier habe ich ein Konzept, dass sich Magie auf eher Frauen verteilt und physische Kraft durch biologische Gründe hauptsächlich von Männern vertreten wird, wodurch ein Gleichgewicht in der Wichtigkeit entsteht, um der Bedrohung entgegentreten zu können. Mich nerven sowieso die erzwungene Genderei, weshalb ich eigene Wörter erschaffen habe, um "Magierinnen und Magier" und solchen Unfug zu einem Wort zu verbinden.

    Diversität gehört für mich nach der Maslowsischen Bedürfnispyramide an die Spitze. Zu einer Zeit, wo Hungersnöte, Kriege und andere Katastrophen gedroht haben, ist aus meiner Sicht wenig Platz nach dem Wunsch eine homosexuelle Liebe ausleben zu wollen. Ich spreche mich nicht dagegen aus! Aus meiner Sicht ist es in einem solchen Setting eher nur fehl am Platz, um der heutigen Zeit zu entsprechen. Ein Beispiel:

    In meinem einstigen Favoritenbuch von Peter Bretts Dämonenzyklus wird ein Kind geboren, das als Zwitter zur Welt kommt. Was trägt die Tatsache zum Plot bei? Nichts. Was hat dieser Umstand für eine Implikation? Keine.
    So etwas empfinde ich für lächerlich. Da wird die Moralkeule geschwungen, um zu zeigen: Seht her, ich habe dran gedacht, dass es Menschen gibt, die sich nicht als Männer oder Frauen identifizieren! "Diversität" in Fantasy 3174843735
    Wenn Hautfarbe, Sexualität oder anderes zur Handlung beiträgt, weil sich z.B. zwei Schwule von der Kirche oder Politik verstecken müssen oder im Krieg befinden und das andere Geschlecht nicht verfügbar ist, dann ist das eine ganz andere Geschichte.

    Wie das mit behinderten zur damaligen Zeit war, weiß ich leider geschichtlich zu wenig. In Büchern sind mir solche Menschen wenig über den Weg gelaufen, in Filmen eher mal als Bettler oder Schreiber. Wie man damals mit ihnen umgegangen ist, keine Ahnung ehrlich gesagt. Verhungert? Ausgesetzt?

    Und um noch auf deine Frage einzugehen: Ich handhabe das so, wie es für mich logisch erscheint und sinnvoll ist. Ich erwähne keine Hautfarbe, die spielt sowieso keine Rolle, meine Welt ist stärker heterosexuell weil die Lebenserwartung durch die Bedrohungslage geringer ist und aus biologischer Sicht gibt es bei Homosexuellen eben keine genetischen Nachfolger.
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    Beitrag von Justin So Apr 12, 2020 1:35 pm

    Meine letzte Geschichte war über Ameisen. Vorher waren Gnome die Hauptfiguren, dann Werewölfe und jetzt Geister ... Ist das divers genug?

    Um ehrlich zu sein, mache ich mir diesbezüglich überhaupt keine Gedanken. Meine Charakter passen zu der Geschichte und Welt, die ich ausdenke. Die Geschichte, an der ich gerade arbeite spielt in Deutschland um 1789 - wie (und warum auch) soll ich einen Araber, einen Schwarzer und einen behinderten Schwuler unterbringen nur um sie in der Geschichte zu haben?

    Umgekehrt, warum soll ICH diese Diversität ans Licht bringen? Ich schreibe Figuren, die glaubhaft sind, zu der ich auch eine Beziehung habe und die ich gedanklich und kulturel nachvollziehen kann - um sie auch glaubhaft schreiben zu können. Wie soll ich mich als Autor in einen moslemischen Flüchtlig hineinversetzten wenn ich es nicht bin? Erfinde ich einen moslemischen Flüchtling als Hauptfigur nur um politisch Kortekt zu sein wird die Figur zwangsläufe nur ein Klischee und dass möchte ich nicht.

    Wer stört sich überhaupt, dass meine Ameisen nur weiblich sind oder dass meine Geister nur weiß und männlich sind? Glaubt jemanden ernsthaft, dass der moslemische Flüchtling sich stört, dass meine Geschichte keine moslelmische Flüchtlinge beinhaltet - oder ist es nur unser eigenes schlechtes Gewissen? Warum schreibt der moslemische Flüchtling nicht selber eine Geschichte über moslemische Flüchtlinge? Und wenn, haben wir dann auch das Recht zu fragen -  wo sind alle die wohlhabenden weißen Fabrikarbeiter, die gegen ihn diskriminieren bzw. wenn er über seine Erfahrungen in Deutschland schreibt und die Deutschen als diskriminierend beschreibt, dürfen wir auch beleidigt sein und von ihn verlangen, dass er sie in einem besseren Licht darstellt? Was wäre vielleicht unrealistisch aber fair.

    Schwarze Amerikaner können gern Geschichten schreiben, wo sie gleichberechtigt sind oder vom mir aus, die Gesellschaft beherrschen - aber nein, sie schreiben immer noch wie unterdrückt sie sind. Ich fühle mich auch diskriminiert weil alle weiße Menschen als diskriminierende Unterdrücker dargestellt werden.

    Ich sehe es als meine Aufgabe: spannende Geschichten zu schreiben - mehr nicht.
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    Beitrag von Necroghoul7 Mi Apr 15, 2020 12:03 am

    Entwirft man eine Geschichte, um damit auch politische Aussagen zu treffen, dann sollten diese nicht so plump und offensichtlich eingebaut sein, wie es heutzutage meist der Fall ist. Das Traurige ist, dass das meist so unharmonisch, teils überfrachtet und unglaubhaft, eingebaut ist, dass es die Geschichte runterzieht und man weniger Freude daran hat.
    Die Idee, mal die eigenen Geschichten auf solche Aspekte hin zu analysieren, ist interessant - meine sind für eine solche Statistik allerdings noch nicht zahlreich genug.
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    Beitrag von Schattenbrecher Sa Mai 16, 2020 10:44 am

    Meine Ansicht mischt sich mit der von @Justin und @Roy.
    In seinem Buch möchte man entweder bewusst etwas aussagen oder dies machen die Figuren schon durch jeden Konflikt selber. Egal auf welchem Thema dieser Konflikt eigentlich aufbaut: Ohne Unterschiede gäbe es ja keine Konflikte. Es gibt Kriege um Ressourcen, aber auch da ist leicht zu sehen dass die Unterschiede in Verteilung und Absicht liegen, wie diese verwendet werden sollen.
    Crackle schrieb:Diversität gehört für mich nach der Maslowsischen Bedürfnispyramide an die Spitze.
    Das möchte ich absolut unterschreiben. Aber wie einige hier schon gesagt haben: Diversität/Gleichheit in der Geschichte zu erzwingen hat nicht viel Sinn. Das verwirrt den Leser und macht den Text unglaubwürdiger. Geht also nach hinten los.
    Wenn es einen besonderen Grund für eine "Anomalie" gibt - wie im Matrix-Film - dann sieht man das natürlich anders, weil das auch im Fokus der Geschichte beleuchtet wird.
    Kleinere Auffälligkeiten können auch bedeutsam sein, wenn sie so symbolisch eingesetzt werden, dass es ins Konzept passt.

    Crackle schrieb:Und um noch auf deine Frage einzugehen: Ich handhabe das so, wie es für mich logisch erscheint und sinnvoll ist. Ich erwähne keine Hautfarbe, die spielt sowieso keine Rolle, meine Welt ist stärker heterosexuell weil die Lebenserwartung durch die Bedrohungslage geringer ist und aus biologischer Sicht gibt es bei Homosexuellen eben keine genetischen Nachfolger.
    Da will ich nicht werten. Es gehört ja zu Maslows Pyramidenspitze, dass jeder sich so ausdrückt wie es ihm selbst liegt und gefällt. Kann ich sowieso nicht ändern. Ich bin ich. Ihr seid ihr.
    Worauf ich aber eingehen will: Wenn Diversität vermieden wird sucht man automatisch danach oder stellt sie sich selbst vor. Vorurteile sind nun mal ein Teil des Denkens. Wenn sie dir also nicht gefallen, ist es dann nicht sinnvoller sie darzustellen und zu entkräften? Neclus macht das in meinen Augen ganz hervorragend.

    Wie ich das selbst mache?
    Einerseits konzipiere ich sehr viel, aber meine Welt baut sehr stark auf den Charakteren an sich auf. So funktioniert die Magie in meinem Roman.
    Wie bei @Neclus Mandarius auch verhalten sich die Gesellschaften so wie sie sich eben in ihrem Umfeld entwickelt haben. Realistisches Schreiben ist mir schon sehr wichtig. (Daher hatte ich auch Schwierigkeiten, die Surreale Schreibübung zu schreiben. Respekt jedem, der das drauf hat. Ich habe eine Schwäche für Mystik.) Als freier Künstler, womit ich zu Maslows Diversität zurückkomme, teile ich aber größtenteils Roys Schreibhaltung. Gerade das empfinde ich aber auch sowohl als realistisch und "belehrend" zugleich.
    Viele meiner Charaktere sind Frauen. Ich selber bin männlicher Autor.
    Spielt das eine Rolle?
    Ich schreibe die Charaktere so wie sie sind, mit dem was sie antreibt und dem was sie als Individuum wollen. Natürlich erwähne ich auch welches Geschlecht sie haben! Wer wäre ich, ihr Geschlecht (oder mein eigenes) zu leugnen.
    Aber dieses "Ge-gendere" ist nicht Teil meiner Geschichte. Wenn ich etwas als sexistisch empfinde, dann ist es das Geschlecht als Differenz hervorzuheben. Da ich davon ausgehe, dass jeder Mensch sowohl "männliche" und "weibliche" Eigenschaften und Anlagen hat (wie ich im Biounterricht gelernt habe), schäme ich mich auch nicht für meine weibliche Seite.
    Was den Unterschied im Verhalten ausmacht ist zum Großteil nicht nur von der Verteilung dieses Verhältnisses in den Genen bestimmt, sondern meiner Ansicht vor allem durch das prägende Umfeld. Wenn Frauen in einer wilden, harten Gegend aufwachsen werden sie sich entsprechend "männlich" verhalten. Männer können in "typisch weiblichen" Situationen aber auch ihre Frauenseite zeigen. Das halte ich für ganz natürlich. Selbst wenn die Gene nicht für dieses Handeln verantwortlich sind, kann man sich ja auch aus psychischen und moralischen Gründen so verhalten. Aus Überzeugung. Das sind aber auch nur ein paar Gründe. Da übersehe ich sicher noch etwas.

    Lange Rede, kurzer Sinn:
    Wenn einer meiner Figuren etwas macht, dann tut sie das als Charakter. Geschlechtslose Wesen kommen bei mir bisher nicht vor, weil es für mich nicht wichtig ist diese Gleichheit zu betonen. Ich setzte sie voraus. Darauf aufmerksam zu machen halte ich für kontraproduktiv.
    Aber wenn ich ihre Identität nicht beschreiben würde, verleugne ich sie. Wer Vorurteile meidet, der bedient sie auch. Nochmal: Vorurteile gehören zum Denken dazu. Alles was wir tun können ist unsere Meinung so darzustellen, wie sie ist.
    Man sollte sich nur nicht mit unnötigen Themen herumschlagen.
    Hält das denn nicht davon ab, seine Fantasie ganz unschuldig zu träumen? Warum sollten wir unseren Ärger dorthin verfrachten? Wenn ich spannende Konflikte schreibe, kommt sowieso schon alles zur Sprache was letzten Endes auch eine Rolle spielt.

    Warum sind also so viele meiner Figuren Frauen?
    Keine Ahnung. Sie waren schon so, als sie das erste Mal in meiner Fantasie aufgetaucht sind. Ihr Geschlecht zu ändern kam mir falsch vor, also habe ich sie sich so entwickeln lassen wie sie sind.
    Vielleicht bin ich auch ein sehr weiblicher Mensch. ^^
    Aber vor allem als Philosoph möchte ich sagen: Es ist alles eine Frage der Definition.
    Kunst ist auch eine Form von Aufklärung, also macht das alle so wie ihr das für richtig haltet.

    Gepflegte Federn/Kugelschreiber/PCs nehmen es mit jedem rostigen Schwert auf.

    Euch allen unbeschwertes Schreiben,
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    "Diversität" in Fantasy Empty Re: "Diversität" in Fantasy

    Beitrag von Tamantula Do Okt 22, 2020 9:16 pm

    Also ich lese sehr gerne Geschichten, in denen der Cast divers ist. Natürlich kommt es darauf an, wie logisch es ist. Wie Roy Aal gesagt hat, muss es halt in die Welt passen, die man kreiert hat. Außerdem gibt es dann ja auch oft Kritik, dass man schreiben soll, was man kennt. Ich hab schon ein paar Bücher von kaukasischen Autoren gelesen, die aber versucht haben ihre Story ins asiatische Setting zu packen, was aber zumindest in zwei Fällen ziemlich nach hinten losging, weil sie beschuldigt wurden, die Kultur nur zu beklauen und schlecht zu repräsentieren. Sind bei beiden Fälle von zu wenig Recherche gewesen, aber trotzdem irgendwie ein zweischneidiges Schwert das Ganze "Diversität" in Fantasy 1144382489 .

    Für mich muss es nicht unbedingt einen tieferen Sinn haben, warum der Charakter vom typisch-weißen-hetero-Helden abweicht. Also, dass er wenn er schwul ist, sich unbedingt die ganze Story um sein coming-out drehen muss, dass eine Frau sich mit Sexismus rumschlagen muss etc. Nicht falsch verstehen, ich lese gerne solche Geschichten, weil sie hohes Konfliktpotential haben und zumindest meistens eine aufbauende Message haben. Aber ich fände es auch mal erfrischend, wenn es einfach so ist und fertig. Beim Standard-weißen-hetero-Helden gibt es ja auch keinen tieferen Sinn, also warum soll alles andere nicht auch so behandelt werden.  "Diversität" in Fantasy 2939384546
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    "Diversität" in Fantasy Empty Re: "Diversität" in Fantasy

    Beitrag von Earl Grey Sa Okt 24, 2020 10:28 pm

    Ich schreibe eher nach Gefühl, versuche aber trotzdem, mir Gedanken darüber zu machen, da ich das sehr wichtig finde.
    Brandon Sanderson geht darauf in einer seiner Vorlesungen ein (die Videos kann ich generell nur empfehlen) und er stellt es mMn sehr gut dar:
    https://www.youtube.com/watch?v=v98Zy_hP5TI&list=PLH3mK1NZn9QqOSj3ObrP3xL8tEJQ12-vL&index=4 (ab Min. 58 etwa).

    Es macht natürlich wenig Sinn, einfach aus Prinzip alles und jeden einzubringen. Dennoch sollten die relevanten Figuren nicht alle männlich, weiß, cis und hetero sein.
    Bücher dienen zur Unterhaltung. Aber sie prägen auch und haben Einfluss (ebenfalls wie Filme usw). Daher bin ich überzeugt, dass es einen Unterschied macht, wie man seine Figuren und sein Setting darstellt.
    Ich persönlich finde, dass in jeder Geschichte männliche und weibliche Figuren vorkommen sollten, die ähnlich gut ausgearbeitet sind und auch ähnlich viel zur Geschichte beitragen. Ganz schlimm fand ich da "das Schloss im Himmel", wo er alles vorantreibt und sie im Grunde gar nichts tut. Es mag sehr wenige Ausnahmen geben, in denen nur ein Geschlecht vorkommt, wie in "die Verurteilten" vielleicht, aber generell haben wir in einem Buch doch immer beide vertreten.
    Was andere Aspekte angeht bleibt die Frage, wie es in die Geschichte passt, da lässt sich kaum eine allgemeine Aussage formulieren.

    Was das Setting angeht: Bei historischen Romanen oder solchen, die in der "echten" Welt spielt, hat man keinen Spielraum, was die Gesellschaft angeht. Dennoch hat man sehr viel Freiheit, wie man seine Figuren konzipiert. Auch in einem historischen Roman, als Frauen noch nicht wählen durften, kann man trotzdem starke weibliche Charaktere haben, die mehr können als putzen und Windeln wechseln, die eine Entwicklung durchmachen, Wünsche, Ziele und Motive haben und was man sonst noch so hat als guter Charakter. Dasselbe gilt natürlich für alles andere.

    Bei fiktiven Settings würde ich mich fragen, warum es so ist, wie es ist. Warum ist es für die Geschichte notwendig, dass Frauen unterdrückt werden? Warum ist man gegen Homosexualität?
    Wenn es zentraler Punkt der Charakterentwicklung ist, dass eine Figur sich gegen die Erwartungen anderer stellt, um ihr Glück zu finden, ist das berechtig. "Weil es immer so gemacht wird" lasse ich als Erklärung nicht durchgehen. Es gibt keinen allgemeingültigen Grund, Rassismus, Sexismus und Diskriminierung in eine fiktive Welt einzubauen, und es gibt Beispiele, die zeigen, dass es auch anders geht. In "Drachen zähmen leicht gemacht" sind Frauen gleichberechtigt, in "the throne of glass" von Sarah J. Maas, "die vier Farben der Magie" von V.E. Schwab und in der Netflix Serie "der dunkle Kristall" ist Homosexualität ganz normal. Es wird nicht weiter darauf eingegangen oder extra erwähnt, es ist einfach so. Das finde ich sehr schön.
    Die ganzen aktuellen Debatten und Diskussionen über Sexismus und Rassismus sind von dem Wunsch entstanden, so akzeptiert zu werden, wie man ist. Dass Geschlecht und Hautfarbe keine Rolle spielen, dass man einfach leben darf und lieben darf, wie man will und wie es einen glücklich macht. Warum sollte man dieses Idealbild einer Gesellschaft nicht in einer Fantasywelt darstellen? Ist es wirklich notwendig, dass diese Gruppen immer unterdrückt werden? Ich denke, dass es viele Leser gibt, die Interesse an einer Geschichte haben, in der "Leute wie sie" so behandelt werden, wie sie es sich für sich selbst wünschen. Denn ich bin überzeugt, dass Kunst unsere Gesellschaft widerspiegelt, prägt und beeinflusst.


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    "Diversität" in Fantasy Empty Re: "Diversität" in Fantasy

    Beitrag von Strato Incendus Sa Okt 24, 2020 11:55 pm

    Earl Grey schrieb:Was das Setting angeht: Bei historischen Romanen oder solchen, die in der "echten" Welt spielt, hat man keinen Spielraum, was die Gesellschaft angeht.

    Was ideologische Filmmacher/innen aber leider trotzdem nicht davon abhält, solche historischen Vorlagen gemäß den eigenen Vorstellungen abzuwandeln und z.B. Quotenschwarze in Filme über den zweiten Weltkrieg einzubauen. Wink


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